Krefeld Geld für die Grünpflege ist gekürzt
Beigeordneter Thomas Visser nimmt Stellung zu den wachsenden Beschwerden aus den Stadtteilen. Er unterscheidet dabei zwischen Ästhetik und Gefährdungspotenzial im Straßenraum.
Krefeld. Ob zuwachsende Radwege, ungepflegte Grünanlagen oder vertrocknete Pflanzen und verdurstende junge Bäume — die Grünpflege in Krefeld wird von den Bürgern aktuell schlecht bewertet. Bei den Auswertungen der Fragebögen zum WZ-Stadtteilcheck vergleichen die Kritiker das heutige grüne Erscheinungsbild oftmals mit der „Euroga“ im Jahr 2002. Rund 14 Millionen Euro hatte die Stadt damals in die Wiederherstellung von sieben historischen Parkanlagen und die Entwicklung des Biotopverbundsystems im Krefelder Süden investiert. 60 bis 80 Prozent der Kosten bezuschusste das Land. Nach der Kritik wegen mangelnder Grünpflege in Traar (wie die WZ in der Samstagausgabe berichtet hat) und vor dem geplanten Übergang des Fachbereichs in eine Anstalt öffentlichen Rechts hat die WZ mit Dezernent Thomas Visser über die Situation gesprochen.
Herr Visser, sind Ihnen die Beschwerden bekannt?
Thomas Visser: Ja, sind sie. Man kann die Uhr danach stellen: im zeitigen Frühjahr bis in den Herbst. Die Anzahl der Beschwerden stadtweit steigt, überproportional. Die Haupttätigkeit der Kollegen besteht darin, die aufzunehmen, den Stadtbezirken zu zuteilen und zu unterscheiden zwischen Verkehrsstörung, Beschädigung und nicht Einsehbarkeit von Radwegen wegen überwachsenen Grüns.
Hat sich in den letzten zwei bis vier Jahren etwas am Pflegeturnus geändert?
Visser: Ja. Die Grünpflege musste genauso ihren Beitrag leisten zur Haushaltskonsolidierung. Der Nothaushalt ist noch nicht lange her. Damals wurden die Gelder noch einmal drastisch zurückgefahren für Vergabe von Grünpflegearbeiten an Unternehmer, aber auch eigene Gelder für Maschinen- und Geräteanschaffungen in eigenen Pflegebereichen. Zwangsläufig wirkt sich das aus. Dennoch zielen viele Bürgerbeschwerden ab auf ästhetische Aspekte (wie zuwachsende Baumscheiben). Ihr Unmut ist zwar nachvollziehbar. Aber im Vergleich zu notwendigen Sicherheitsmaßnahmen wie Rückschnitte an Straßeneinmündungen, auf Radwegen und bei Bäumen zweitrangig.
Hat sich auch etwas am Umfang der Grünpflege-Arbeiten verändert?
Visser: Wir müssen zunächst einmal unterscheiden zwischen der Vergabe an Fremdfirmen, die wir immer schon gehabt haben, und eigenen Leistungen. Die historischen Parkanlagen werden durch eigene Mitarbeiter gepflegt, die Grünflächen (wie klassisches Straßenbegleitgrün, Außenanlage von Schulen und öffentlichen Gebäude) traditionell an Unternehmer vergeben. Die Größenordnung liegt bei 60 Prozent Unternehmerpflege und 40 Prozent eigene Pflege. Zu früheren Jahren hat es eine Veränderung in dem Kräfteverhältnis gegeben. In den 90er-Jahren, als wir noch viele Arbeitskräfte über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen hatten, zählte ein Betriebshof 20 Leute plus in Spitzenzeiten nochmals 20 ABM-Kräfte. Das war eine wesentliche Unterstützung. Heute ist die Zahl fast auf null zurückgefahren. Das merkt man grundsätzlich im in der Grünpflege. Nicht in den Parkanlagen, beim Wegebau und den Gehölzflächen, aber beim Straßenbegleitgrün. Da wird nicht mehr bis zu zehnmal im Jahr geschuffelt, sondern nur noch vier- bis fünfmal. Kräuter werden nur noch runtergemäht. Man sieht nicht mehr die nackte Erde zwischen den Gehölzpflanzen, sondern geschlossene Rasen- oder Wiesenflächen.
Wie viel Geld im Jahr steht für die Grünpflege zur Verfügung?
Visser: 1,4 bis 1,5 Millionen Euro sind etatisiert für die Vergabe von Grünpflegearbeiten an Unternehmer in den Fachbereichen Grünflächen, Tiefbau, Schulverwaltung/Gebäudemanagement und Jugendamt. Das waren früher deutlich über zwei Millionen. Die Zahl, der im Rahmen der Euroga für die Parks eingestellten Gärtner, mussten wir im Laufe der Jahre auch zwangsläufig zurückfahren. Die Regenfälle in diesem Sommer sind für uns im Hinblick auf die neugepflanzten Bäume derzeit ein Glücksfall. Dennoch: Wenn wir nicht so große Vandalismusschäden hätten oder die Respektlosigkeit vor öffentlichen Eigentum geringer wäre, könnten wir einen sechsstelligen Betrag zusätzlich in die gärtnerische Pflege stecken. Das wäre ein großer Gewinn.
Wie viele Stellen zählt der Fachbereich Grünflächen, wie viele davon sind besetzt?
Visser: Im Moment laut Stellenplan 210 Stellen im Fachbereich Grünflächen, das sind aber nicht 210 Menschen. Es zählen die Landschaft- und Grünordnung, die Wald- und Forstwirtschaft, die Friedhofsabteilung dazu. 110 Leute davon sind im klassischen Bereich Grünpflege tätig. Dazu zählen die Betriebshöfe, der Botanische Garten und die Baumpflege. Wir hatten Anfang 2017 zehn Stellen unbesetzt, das sind zehn Prozent. Die werden Zug um Zug wiederbesetzt. Dazu kommt noch die Alterspyramide bei den Mitarbeitern, die ist sehr hoch.
Reicht die Mitarbeiterzahl?
Visser: Es gibt einen bundesweiten Kennzahlen-Vergleich über den Städtetag, wie viel Hektar Grünfläche pro Mitarbeiter zu pflegen sind. Wenn alle Stellen besetzt sind, sind wir in Krefeld bei fünf Hektar Grünfläche, die der Einzelne zu betreuen hat — und damit erheblich drüber. In anderen Städten ist der Einzelne für zwei bis drei Hektar zuständig.
Wird das in der Anstalt öffentlichen Rechts besser?
Visser: Es wird dort sehr viel zügiger und wirtschaftlicher zugehen, aber auch eine AöR muss vernünftig mit Personal- und Finanzmitteln ausgestattet sein. Stadt und Politik können nicht sagen, wir bleiben bei den bisherigen Verhältnissen, nehmen ein paar Synergieeffekte mit und schaffen dadurch paradiesische Zustände. Schließlich muss dort ja auch Geld erwirtschaftet werden.