Kritik an Ausländerbehörde Grüne wollen Willkommenskultur
Die Partei übt massive Kritik am Vorgehen des Ausländeramtes und schlägt eine Neuorganisation vor.
Krefeld. Die kurzfristige Abschiebung von Adnan Harb sowie die von Angelika Kleinschmidt von der Caritas formulierten Zweifel an der Arbeit der Ausländerbehörde (die WZ berichtete) lassen den Ruf nach einer Neuausrichtung des Ausländeramtes laut werden.
Die Grünen formulieren dafür weitreichende Vorschläge. Sie wollen einerseits mit Anträgen an den nächsten Rechnungsprüfungsausschuss und Integrationsrat die Vorgehensweise des Amtes gegen Adnan Harb prüfen lassen. Da dies aber kein Einzelfall sei, möchten sie auf Verwaltungsebene auch Grundsätzliches verändern.
„Trotz Bundesgesetzgebung gibt es auf kommunaler Ebene beim Aufenthaltsgesetz Ermessensspielräume: für oder gegen den Antragsteller. Städte wie Münster, Wuppertal und Köln zeigen, wie es im positiven Sinne geht“, sagt Fraktionsvorsitzende Heidi Matthias. Man könne — wie in Krefeld üblich — mit großer Energie nach Indizien und Fakten suchen, die eine Ausweisung ermöglichen, oder aber nach solchen, die einen Verbleib begründen.
Eine Meinung, die auch Angelika Kleinschmidt als Vorsitzende der Ausländerrechtlichen Beratungskommission (ABK) teilt. In Köln beispielsweise arbeiten Flüchtlingsrat und Ausländerbehörde eng zusammen.
„In Krefeld hingegen ist die Ausländerbehörde in den vergangenen sieben Jahren nur ein einziges Mal der Empfehlung der Ausländerrechtlichen Beratungskommission gefolgt“, sagt Grünen-Ratsherr Sayhan Yilmaz. Das sei der wesentliche Grund dafür, warum die vom Rat eingesetzte Kommission vor kurzem ihre Arbeit eingestellt hat.
„Wir vertreten dabei nicht das Bleiberecht für alle“, hatte Kleinschmidt im WZ-Interview vor wenigen Tagen betont. Die ABK setze sich für diejenigen ein, die schon sehr lange hier seien und gute Aussichten auf Integration hätten. So wie nun auch weiterhin für Adnan Harbs Ehefrau Nawal und ihre Kinder, die alle sehr gut Deutsch sprechen und hier gesellschaftlich integriert seien. „Das sind Krefelder“, betont Heidi Matthias.
Thorsten Hansen, Grünen-OB-Kandidat, nennt Möglichkeiten einer Neuausrichtung der Ausländerbehörde: Ausgliederung aus dem Ordnungsamt, gegebenenfalls Bildung eines neuen eigenen Fachbereichs, Beschleunigung der Prozesse, frühzeitige Beteiligung der ABK, Schulung der Mitarbeiter zur Weiterentwicklung der Sozialkompetenz, Vernetzung des Amtes mit allen Beteiligten.
Außerdem sollte die sogenannte Positivprüfung in Krefeld etabliert werden. Das heißt, bei einem Ausweisungsverfahren muss jedes positive Argument für einen Verbleib gewürdigt werden. Bislang sei das umgekehrt. So fange nahezu jede Vorlage der Ausländerbehörde mit den Sätzen an „Die Antragstellerin ist ausreisepflichtig“ oder „Der Antragsteller ist illegal eingereist“. Wer so beginne, wolle keinen Dialog.
Das zeige sich auch in der Arbeitsweise: Duldungen würden sehr kurz befristet (statt sechs Monaten nur zwei oder einer), der Aufenthalt in Krefeld nur ein Jahr statt zwei wie in vergleichbaren Städten erlaubt. Auch sei es laut Matthias und Hansen gängige Praxis, ausländischen Studenten nur eine kurze Aufenthaltsdauer zu gewähren und eine Kaution von mehreren tausend Euro bei Einladung eines Familienmitglieds aus dem Ausland zu verlangen. „Willkommenskultur sieht anders aus.“