Mode Er kreierte für Escada eine neue Marke
Der Krefelder Couturier Hans-Gerhard Lohmann arbeitete mit Modegrößen wie Wolfgang Joop zusammen. Das ist seine Geschichte.
Eigentlich wollte Hans-Gerhard Lohmann Maler werden. Doch sein Lebensweg verlief ganz anders. Der Mann wurde Couturier und konnte seine vielen guten Ideen in Modeskizzen verwirklichen. Der heute 82-jährige Krefelder schuf unter anderem das internationale Label Apriori für Escada, arbeitete mit Wolfgang Joop zusammen und war auf den Modebühnen in London und New York zu Hause. „Aufgewachsen bin ich in Rheinberg. Nach dem Gymnasium ging ich eher gezwungenermaßen bei meinem Vater in die Lehre, der Herrenschneider war und ein Atelier führte“, erzählt er. „Zuerst war die Tätigkeit ein Muss, dann machte es Spaß. Ich habe das Handwerk von Grund auf gelernt.“
Richtig interessant wurde es für Lohmann, als er als Volontär nach Krefeld zum damaligen Innungsobermeister kam und die Damenschneiderei kennenlernte. Der Lehrherr ermöglichte dem talentierten jungen Mann parallel ein künstlerisches Studium an der Werkkunstschule. „Bei ihm erlernte ich alles, vom Zuschnitt bis zur fertigen Naht. Die Frauen Lange und Esters und die Düsseldorfer Familie Adenauer waren seine Kundinnen.“ Lohmann schnupperte den Duft der „großen weiten Welt“.
Vom Niederrhein ging es
dann erst mal in die Schweiz
Von Krefeld aus führte Hans-Gerhard Lohmann sein Weg über Handelskontakte des Meisters zunächst nach Zürich ins „Couture Maison Bouchette“. Dort gingen bekannte Leute wie die Schweizer Schlagersängerin Lys Assia ein und aus. Lohmann bildete sich weiter in Sachen Schweizer Schick. „Da ich zwar eine Arbeits- aber keine Aufenthaltsgenehmigung besaß, musste ich an der Grenze zur Schweiz, aber in Deutschland wohnen. Dort wurde Lohmann „erwischt“ und zum Wehrdienst eingezogen. Als diese Zeit vorbei war, arbeitete er an verschiedenen Stationen in Deutschland. Es ging stetig bergauf mit der Karriere.
Bei der Firma Arthur Erlhoff in Ellerau war er als Chefdesigner für Erlhoff selbst und für verschiedene andere Firmen tätig, auch für Canvas by Joop. „Ich habe Wolfgang Joop in guter Erinnerung. Er ist sehr begabt im Zeichnen.“ Dann ging es für Lohmann an die noble Rothenbaumchaussee in Hamburg. Dort unternahm er den nächsten großen Schritt und eröffnete mit finanzieller Hilfe der Escada-Gruppe sein Atelier. „Sie wollten Mode für die junge und selbstbewusste Nachwuchsmanagerin, die – zwischen 20 und 40 Jahre alt – noch nicht das Spitzengehalt bezieht und trotzdem für den Einstieg in die erste Riege attraktiv gekleidet sein möchte.“ Mit der Marke Apriori war der Anfang gemacht.
Der Couturier schuf funktionelle und moderne Kombinationsmode, zunächst für die Frühjahr-Sommer-Kollektion 1990. „Es gab Hosenanzüge, Kostüme, Blusen und Shirts“, sagt er „Mit meinem Label Apriori und der Hilfe von Escada ging es nach London und New York in die Showrooms. Die „New York News“ widmeten Apriori ganze Seiten: „Escada kündigt Apriori an“, hieß es dort. Schließlich wurde Lohmanns Marke weltweit vertrieben, bis Escada 2009 seine Marken Apriori, Laurél und Cavita verkaufen musste.
Trends liegen oft auf der Straße –
oder sind in den Medien zu finden
„Ich habe alles gelernt, was man für den Beruf des Couturiers wissen muss“, erklärt der Krefelder rückblickend. „Nicht zuletzt habe ich viel in die französischen Häuser wie Balmain, Givenchy oder Dior geschnuppert und die Kollektionen eingesehen. Ich musste und wollte mich stets weiterentwickeln.“ So genügte es ihm nie, ein guter Schneider zu sein. Die Organisation ist auch sein Metier.
Außerdem sagt Hans-Gerhard Lohmann: „Man kann so gut sein, wie es geht, wenn man nicht argumentieren kann, geht es nicht. Zum Argumentieren wiederum muss man genaue Kenntnisse besitzen. Die Welt bewegt sich im Minutentakt. Man muss das Straßenbild beobachten und die Medien. Das mache ich heute noch. Der Zeitgeist ist wichtig, so dass man darin lebt und arbeitet.“
Es sei eine Katastrophe, dass es so viele Firmen auf dem Sektor nicht gibt, findet er weiter. „Sie haben den Zeitgeist nicht mitgenommen, Betriebswege nicht erkannt. Es dauerte lange, bis die Mode in die Shops hinein gegangen ist. Die ,Ärmelparade` auf den Ständern war irgendwann nicht mehr. Die Leute wollen interessiert werden. Die Präsentation der Ware muss erkennbar sein für die Käuferin, damit sie sich interessiert. Der Einzelhandel muss auf die Leute eingehen.“ Leider sei die Präsentation insgesamt schlechter geworden. Und eine deutsche Unart sei es: „Die Kundin guckt mehr auf den Preis als auf die Wertigkeit der Ware.“ Wertigkeit findet der 82-Jährige heute nach wie vor in den großen Modemetropolen wie Antwerpen, Berlin oder München, wo er mit seiner Ehefrau Toni gerne hinfährt. Da gucken sich die beiden die aktuellen Trends an.