Immer mehr jüngere Obdachlose in Krefeld

Die Helfer des Kältebusses schlagen Alarm. Sie haben es zunehmend mit einer jugendlichen Klientel zu tun.

Foto: DJ

Krefeld. Weihnachten steht vor der Tür. Das Fest der Nächstenliebe. Während es draußen schmuddelig nass und kalt ist, freut man sich auf gemeinsame Festtage im Kreis der Familie im wohlig warmen, geschmückten Wohnzimmer. Doch was ist mit den Menschen, die in den Wintermonaten kein Dach über dem Kopf haben?

Horst Renner weiß, wo sich Obdachlose in Krefeld aufhalten. Er ist Leiter des Kältebusses. Ein Projekt der Obdachlosenhilfe Linker Niederrhein. „Seit dem Nikolaustag sind wir unterwegs und fahren den Südausgang des Hauptbahnhofes, die Fußgängerzone, den Theaterplatz und den Linner Park an“, sagt Renner. Montags bis sonntags verteilen er und seine ehrenamtlichen Helfer von sieben bis 23 Uhr warme Mahlzeiten, Jacken, Pullover, Schals, Mützen und auch kleine Zelte und Rucksäcke. Der Kältebus ist etwa drei Monate im Einsatz und wird gut angenommen. „Wir verteilen bis zu 80 Essen pro Abend“, sagt Renner.

Dabei musste Renner in diesem Jahr feststellen, dass die Bedürftigen immer jünger werden. „Ich habe den Eindruck, dass der Altersdurchschnitt sich verschoben hat. Ein hoher Anteil unseres Klientels ist sehr jung.“ Viele Menschen, die die Hilfe des Kältebusses in Anspruch nehmen, seien zwischen 18 und 30 Jahre alt. „Wenn Teile unserer Jugend keine Perspektive haben und ganz unten angekommen sind, ist das erschreckend.“

Neben der Essens- und Kleiderausgabe schaut das Team des Kältebusses während seiner Touren auch nach Männern und Frauen, die zu erfrieren drohen. Mit diesem Risiko beschäftigt sich auch das Team rund um Ute Clevers jeden Tag. „Die große Gefahr ist, dass viele so viel Alkohol trinken, dass sie die niedrigen Temperaturen nicht mehr spüren. Dann merkt man erst am nächsten Tag, dass die Zehen abgefroren sind“, sagt die Leiterin der Bahnhofsmission.

Um das zu verhindern, versuchen die Mitarbeiter der Bahnhofsmission, die nicht sesshaften Menschen rund um den Hauptbahnhof in den Krefelder Notschlafstellen unterzubringen. Einige würden diese Möglichkeit jedoch scheuen. „Für viele ist es ein ganz schwerer Schritt, die absolute Freiheit, die sie draußen haben, aufzugeben und sich den Regeln einer Hausgemeinschaft zu unterwerfen“, sagt Ute Clevers. Bei Temperaturen unter Null können diese Menschen die Nacht im Bahnhof verbringen, weiß Clevers: „Die Bahn drückt bei Minusgraden ein Auge zu, damit keiner stirbt.“

Die Notschlafstelle an der Lutherstraße hat 40 Plätze für Wohnungslose, die sich vor der Kälte retten möchten. Die Plätze sind dieses Jahr jedoch nicht nur in der kalten Jahreszeit begehrt. „So viel Andrang hat es bei uns noch nie gegeben, selbst in den Sommermonaten nicht. Wir sind eigentlich das ganze Jahr über belegt“, sagt Georg Triebels von der Notschlafstelle für Wohnungslose. Er vermutet dahinter verschärfte Kürzungen der Sozialleistungen und eine angespannte Wohnraumsituation durch erhöhte Kosten bei Miete und Nebenkosten. „Wir haben teilweise schon 18-Jährige hier gehabt, das ist untypisch und alarmierend.“