In zweiter Instanz 60 000 Euro „gewonnen“
Dennoch ist Rentner über Zivilkammer-Urteil derart erbost, dass er heute protestiert.
Krefeld. Eigentlich könnte sich der pensionierte Mess- und Regeltechniker entspannt im Sessel zurücklehnen. Eine Richterin des Oberlandesgerichts in Düsseldorf hat als Mediatorin das erstinstanzliche Urteil der 5. Zivilkammer des Krefelder Landgerichts vom vergangenen November gekippt — und dem 68-jährigen Hülser die Zahlung von 60 079 Euro nebst 6,66 Prozent Zinsen für 14 Jahre an die Mutter seines Ex-Schwiegersohnes erspart.
Das offensichtlich verfahrens- und rechtsfehlerhafte Urteil der ersten Instanz hat den Ruheständler jedoch derart auf die Palme gebracht, dass er Dienstagmorgen zum Auftakt des Prozesses gegen Mircos Mörder medienwirksam mit Bollerwagen und Transparenten um den Justizpalast am Nordwall ziehen will — übrigens nicht zum ersten Mal. „Gerechtigkeit vor Gericht kennt die 5. Kammer nicht“, heißt es da zum Beispiel.
Der Justizverdrossene ist sicherlich kein Spinner. Er will mit seiner Aktion Anderen Mut machen, im Falle einer gerichtlichen Niederlage nicht aufzugeben. Ihm gab allerdings auch eine größere Immobilie hinter dem Hülser Berg den nötigen Rückhalt.
Die Vorgeschichte: 1996 erwarben der Hülser und sein damaliger Schwiegersohn ein Dreifamilienhaus in Willich, „als Kapitalanlage für die Enkel“. Ein Drittel steuerte der frühere Mess- und Regeltechniker bei. Sieben Jahre später war die Schwiegersohn pleite und dummerweise ein Mieter im Haus ebenfalls zahlungsunfähig.
In der Zwangsversteigerung übernahm der Schwiegervater das komplette Dreifamilienhaus. „Plötzlich machte die Mutter meines Schwiegersohnes einen Betrag von 120 000 D-Mark geltend, die sie als Darlehn für das Haus aufgenommen habe“, schildert der Rentner den Beginn des Zivilprozesses.
Obwohl sie nicht im Grundbuch eingetragen war, ging die 5. Zivilkammer in Krefeld von einer „Innengesellschaft“ mit drei Personen aus und kollidierte damit mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes, wonach „die Annahme einer Innengesellschaft bei Hingabe eines Darlehns zur Finanzierung eines Hauskaufs ohne Hinzutreten weiterer Vereinbarungen abwegig ist“.
18 Seiten umfasst die Urteilsbegründung in erster Instanz. Der Beklagte verbittert: „Kein Wort habe ich verstanden, was da geschrieben worden ist.“ Ein befreundeter Richter besorgte die „Übersetzung“.
Ein Verdacht hat sich dem pensionierten Mess- und Regeltechniker bemächtigt. Kurz vor dem Prozess vor der Zivilkammer in Krefeld ist er zum erstenmal mit Bollerwagen und bösen Sprüchen ums Gerichtsgebäude gezogen.
„Die Aktion haben viele Leute mitbekommen. Auch die beteiligten Richter. Sollten die etwa durch meine Aktion ihre Unabhängigkeit aufgegeben haben?“ Übrigens gehört das Dreifamilienhaus in Willich inzwischen der Tochter. Und das Verhältnis der ehemaligen Prozesskontrahenten ist wieder im Lot.