Werner Bissels Quer durchs Land: Inrather läuft 1830 Kilometer von Nord nach Süd
Inrath. · Werner Bissels ist mit drei Freunden von der Ostsee zum Bodensee gewandert – und plant schon die nächste Tour.
Nach 1830 Kilometern haben die vier Freunde ihre vier Steine mit einem lauten Jubel „Wir sind da!“ in den Bodensee geworfen. Die Mineralien stammen aus der Ostsee. Die vier über 70-jährigen Männer sind einen Teil des Europäischen Wanderweges E1 gelaufen und haben beim Marsch durch Deutschland von Nord nach Süd viel erlebt. Es soll nicht die letzte Wanderung dieser Art gewesen sein.
Werner Bissels gehört zu den vier sportlichen Freunden. Er ist aus Krefeld, hat Tennis gespielt und ist Rad gefahren, bis die Knie nicht mehr mitspielten. Die anderen Langstrecken-Wanderer stammen aus Bielefeld, Dortmund und Duisburg. „Wir haben uns bei einer Wanderwoche im Großen Walsertal kennen- und schätzen gelernt“, berichtet Bissels. „Danach ging es jedes Jahr zusammen auf Tour.“ Dabei ging es immer höher hinaus. „3000er in den österreichischen Alpen waren kein Problem. Doch wir wurden älter. Wir haben dann beschlossen, nicht noch höher zu gehen, sondern lieber länger und sagten den Bergen adieu.“
Eine Wandertour auf Mallorca erwies sich nicht als das Richtige. So entstand die Idee, den deutschen Teil des E1 unter die Sohlen zu nehmen, von der Grenze Dänemarks, von Flensburg bis Konstanz – schlappe 1830 Kilometer an 97 Wandertagen in zwölf Etappen über drei Jahre hinweg. Die erste Tour war die längste und führte über 294 Kilometer von der Grenze bis nach Flensburg. Die kürzeste belief sich auf 72 Kilometer von Celle nach Steinhude.
„Wir haben Autobahnen unter- und überquert, mit Hindernissen und viel Glück über die Elbe übergesetzt und von der Jugendherberge bis zum Luxushotel alle Unterkünfte genutzt – falls vorhanden“, sagt Bissels mit einem Schmunzeln und muss an eine Begebenheit zwischen Eckernförde und Kiel denken. „Dort gab es keine Unterkunft, nichts, gar nichts. Ein Taxi brachte uns abends nach Kiel und morgens wieder zurück an den Wanderpunkt“, erzählt der Inrather.
Die vier haben unbekannte Orte gesehen, ohne Bäcker, Lebensmittelladen und vor allem bei dem heißen Wetter mit einem 15-Kilo-Rucksack aber ohne Wasser. „Wir hatten Flasche leer“, erinnert er sich. „Eine ältere Dame sah unsere Not und hat unsere Flaschen aufgefüllt.“ Ähnliches passierte im Schwarzwald. Dort trafen die flotten Vier auf ein altes Forsthaus, mitten im Wald. „Wir mussten lange klingeln. Dann kamen eine Frau und ihr Mann heraus. Es gab Wasser und eine Flasche extra.“
Eine weitere hübsche Episode im Schwarzwald: „Wir waren dort in einer kleinen Pension, haben gescherzt und erklärt, nirgendwo einer Frau in Tracht begegnet zu sein. Sofort gingen die beiden Bedienungen in die hinteren Räume und kamen als Schwarzwaldmädel samt Bollenhut zurück. Wir haben viele Fotos gemacht.“
Überhaupt seien die Leute unterwegs allesamt sehr freundlich gewesen, berichtet der 70-Jährige. Viele hätten oft ungläubig geguckt, als sie vom Vorhaben auf Schusters Rappen erfuhren. Die meisten waren hilfsbereit: „So auch an der Elbe bei Niedrigwasser. Keine Fähre war in Betrieb. Anlieger machten uns auf einen eigenen Anleger von Airbus Finkenwerder für die Mitarbeiter des Werkes aufmerksam. Sie kam nach einer Stunde und der Fährmann nahm uns wirklich mit. Wir mussten zwar einen Umweg laufen, aber wir waren ‚gerettet’ und auf der anderen Seite.“
Auf der Reise haben sich die vier an Natur interessierten Freunde über Flora und Fauna informiert, Vögel laut Bestimmungsbuch benannt, Moose untersucht und Hirsche und Wildschweine gesehen. „Wir haben uns gut verstanden, hatten stets ein vertrauensvolles Verhältnis“, berichtet Bissels. Und weil Wandern zusammenschweißt und Spaß macht, wollen sie als Nächstes den E5 von Dresden nach Aachen abgehen. „Das entscheidet sich Anfang Februar.“