Jahresrückblick: Das schwere Jahr des Oberbürgermeisters
Täuschung von Wählern und eine Verschleppung der Finanzpanne: 2010 hagelte es Vorwürfe.
Krefeld. Oberbürgermeister Gregor Kathstede dürfte drei Kreuze machen, wenn 2010 morgen Geschichte ist. Es war sicherlich das schwerste Jahr des Verwaltungschefs in seiner bislang sechsjährigen Amtszeit. Von Januar an wurde Kathstede mit Vorwürfen konfrontiert und vor allem vom politischen Gegner aus vollen Rohren beschossen. Letztlich ist in allen Fällen die juristische Seite für den CDU-Mann abgeschlossen. Im wohl komplexesten Verfahren, den Pannen im städtischen Fachbereich Finanzen, hat gerade erst die bündnisgrüne Regierungspräsidentin Anne Lütkes ein zweites Mal erklärt, sie werde kein Disziplinarverfahren gegen den Krefelder Oberbürgermeister einleiten.
Das waren die Vorwürfe gegen Gregor Kathstede im Jahr 2010:
Der Wahlprüfungsausschuss musste sich im Februar mit der Frage befassen, ob der alte und neue Oberbürgermeister die Wähler vor der Kommunalwahl am 30. August 2009 getäuscht hatte. Es ging darum, ob Kathstede zuvor konkret von (seit Jahren erstmals) ausgeglichenen Stadtfinanzen gesprochen hatte. Denn Wochen nach der Wahl wurde der Öffentlichkeit ein neuerliches 60-Millionen-Loch präsentiert. Doch zu den geforderten Neuwahlen kam es nicht — Kathstede hatte durchaus ein sich anbahnendes Minus genannt.
Die SPD setzte dem Verwaltungschef im Jahr 2010 besonders zu und forderte noch aus einem weiteren Grund Neuwahlen: der Großspende für die Spitze der Dionysius-Kirche. Eine halbe Million Euro versprach die Kulturstiftung der Sparkasse Ende 2009. Kathstede hatte vor der Kommunalwahl von einem Großspender gesprochen, der namentlich nicht genannt werden wollte. Möglicherweise habe es diese Zusage vor der Wahl noch gar nicht gegeben, lautete der Vorwurf. Aber auch dieser verpuffte. Das Interesse der SPD an Neuwahlen kam nicht von ungefähr: Kathstede hatte bei der Oberbürgermeisterwahl gerade einmal 405 Stimmen vor seinem Herausforderer Ulrich Hahnen gelegen.
Eine folgenschwere Panne, die die Stadtkasse um 800 000 Euro ärmer gemacht hat, offenbarte in diesem Jahr reihenweise Fehler im städtischen Finanz-Fachbereich und wuchs sich zu einem handfesten Skandal aus.
Im Mai wurden die Politiker im Rechnungsprüfungsausschuss darüber informiert, dass bereits knapp zwei Jahre zuvor versehentlich Gewerbesteuer in Höhe von 781 074 statt 14 965 Euro an ein Unternehmen zurückerstattet worden war. Keine zwei Wochen später meldete die Firma Insolvenz an — bis heute ist keine Rückzahlung erfolgt.
Dass so viel Zeit verstrich, bis das Thema an die Öffentlichkeit kam, brachte Kathstede und einem seiner engsten Vertrauten, Stadtkämmerer Manfred Abrahams, reichlich Kritik ein. Sie hatten von der Panne allerdings auch erst zehn Monate später erfahren. Dass Kathstede in unzulässigerweise in Berichte der Rechnungsprüfer eingegriffen und das Thema über einen langen Zeitraum geheimgehalten und somit über mehrere Wahlen gerettet habe, wurde von der Aufsicht aber nicht so gesehen. Und auch ein Dienstaufsichtsverfahren gegen Abrahams, seit Sommer Stadtdirektor von Düsseldorf, wurde eingestellt.
Zwar hatten zwei Gutachten die Verfehlungen des Ex-Kämmerers als so gravierend angesehen, dass disziplinarrechtliche Konsequenzen gefordert wurden. Ein Gutachter im Auftrag der Stadt Düsseldorf sah das aber anders. Abrahams wurde ebenfalls vorgeworfen, das Thema verschleppt zu haben, damit die Wahl zum zweiten Mann in der Verwaltung der Landeshauptstadt glatt über die Bühne geht.
Im Verlauf der Untersuchungen zeigte sich, dass im Finanz-Fachbereich einiges im Argen lag. Weitere Fehlüberweisungen wurden festgestellt, Überprüfungsfunktionen waren systematisch ausgehebelt worden, Akten wurden entdeckt, die über Jahre einfach versteckt worden waren. Kathstede setzte einen neuen Fachbereichsleiter ein — zum Aufräumen. Etliche Veränderungen wurden bereits umgesetzt.