Klage gegen Zensus: Wächst die „Schrumpfstadt“?

Ende Februar verhandelt das erste Gericht in NRW über den Protest gegen die 2011 beim Zensus ermittelten Einwohnerzahlen. Für Krefeld geht es um finanzielle Einbußen.

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Krefeld. Von einem Tag auf den anderen fehlten der Stadt Krefeld mal eben ein paar tausend Einwohner. Und zwar nicht etwa wegen einer Völkerwanderung, sondern weil der Landesbetriebs Information und Technik (IT NRW), früher statistisches Landesamt, das so festgestellt haben wollte. Grundlage waren die Ergebnisse des 2011 gelaufenen Zensus, einer Art Mini-Volkszählung. Und die lagen unter den bisherigen offiziellen Einwohnerzahlen der Seidenstadt.

Nicht nur die Stadt Krefeld klagte dagegen. In NRW zogen 20 Städte und Gemeinden vor das Verwaltungsgericht Düsseldorf, weil dadurch für sie und ihre Bürger finanzielle Einbußen entstehen. Das war bereits Ende 2013. Mehr als ein Jahr später, am 25. Februar, beginnt nun der Prozess. Doch damit ist das Problem wohl noch lange nicht gelöst. Die WZ erklärt die Hintergründe:

Vor allem weil die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Städte und Gemeinden auch auf Basis der Einwohnerzahlen berechnet werden. Damit ging Krefeld Geld verloren, das die finanzschwache Stadt dringend braucht. Deshalb protestierte die Stadtverwaltung bereits Mitte 2013 gegen die ersten vorläufigen Zahlen, die vom Landesamt präsentiert wurden. Als diese dann Anfang November 2013 amtlich „festgestellt“ wurden, hatte die Stadt einen Monat Zeit. Die Klage wurde im Dezember 2013 eingereicht.

Am 25. Februar wird nicht die Klage der Stadt Krefeld, sondern die Klage der Stadt Goch gegen das Land — sozusagen als Dienstherr der Mitarbeiter des Landesbetriebs Information und Technik — verhandelt. Es ist ein Musterprozess. Die Klagen der anderen 19 Städte und Gemeinden, vor dem Verwaltungsgericht ruhen. Das hat das Gericht so im Einverständnis mit den Kommunen beschlossen. Dabei haben sich die Kommunen untereinander abgestimmt, wer quasi stellvertretend für die anderen die Musterklage führen soll. Das ist schließlich auch eine finanzielle Frage. So ein Prozess kostet auch Geld. Und er wird sich voraussichtlich eine Weile hinziehen.

Aus gut unterrichteten Kreisen im Düsseldorfer Verwaltungsgericht ist zu hören, dass voraussichtlich am ersten Prozesstag auch ein Urteil fallen wird. Allerdings geht dort niemand davon aus, dass die Geschichte damit endet. Es ist zu erwarten, dass der Unterliegende in Revision geht — vor dem Oberverwaltungsgericht. Wenn dieses wiederum ein Urteil fällt und eine Revision zuließe, wäre sogar noch der Weg vor das Bundesverwaltungsgericht frei. Gleichzeitig läuft auch bereits eine Klage Berlins vor dem Bundesverfassungsgericht, die laut Zensus nur noch 3,29 statt 3,47 Millionen Einwohner haben soll und deswegen Verluste beim Länderfinanzausgleich erleidet.

Die Chancen für einen Sieg der Stadt Goch beim Musterprozess vor dem Verwaltungsgericht und damit im Prinzip auch für alle „ruhenden“ Kläger sind eher gering. Ein bundesdeutsches Verwaltungsgericht hat bereits entschieden — Bremen wies die Klage ab.

Weder in diesem, noch im nächsten Jahr ist wohl mit einem Ergebnis zu rechnen, heißt es aus Kreisen des Verwaltungsgerichts.

Für die Stadt Krefeld bedeutet das, das ihr und damit auch den Krefelder Bürgern weiterhin weniger Schlüsselzuweisungen des Landes zugute kommen als es auf Grundlage der eigenen Einwohner-Statistik der Stadt wären. Schon im Jahr 2014 schlug das anteilig durch und wird nun nach und nach weiter greifen.

Das hat mit der Berechnungsgrundlage für die Schlüsselzuweisungen zu tun, die einen Drei-Jahres-Durchschnittswert der Einwohnerzahlen zugrunde legt. Wie viel Geld genau weniger nach Krefeld geflossen ist, kann die Stadtkämmerei nicht sagen, da die Schlüsselzuweisungen von einer Vielzahl weiterer Faktoren abhängt. Tatsache ist, dass im vergangenen Jahr 136,32 Millionen Euro nach Krefeld flossen. 2015 sind dann nur noch 132,03 Millionen Euro zu erwarten.