Klassenfahrten: Für Geringverdiener schwer zu stemmen

Krefeld. Klassenfahrt nach London hier, superteurer Taschenrechner für die Oberstufe da, spezielle Utensilien für den Kunstunterricht dort. Die sogenannten Schulnebenkosten sind für Geringverdiener oder kinderreiche Familien oft kaum zu stemmen.

Den Schulleitern, mit denen die WZ sprach, sind diese Probleme bekannt. Sie haben die Kosten im Blick, damit sie nicht ausufern. Für Familien, die es finanziell trotzdem nicht schaffen, gibt es unbürokratisch Hilfe.

Die Schulfahrten sind schulische Veranstaltungen, die außerhalb von Schule stattfinden. Sie sollen als Teil des pädagogischen Konzeptes gemeinsame neue Erfahrungen und Erlebnisse der Schüler fördern und dazu beitragen, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und den Gemeinschaftssinn zu fördern. Dies kann aber nur gelingen, wenn allen die Gelegenheit zur Teilnahme gegeben wird.

„Man muss dabei die Kirche im Dorf lassen. Für 900 Euro schnell nach Sydney wird es bei uns nicht geben“, sagt Rolf Nagels, Direktor des Gymnasiums am Stadtpark. „Die Reisen werden laut Fahrtenprogramm unserer Schule durchgeführt und von der Schulkonferenz festgelegt.“ Der Schulleiter stellt sie den Eltern beim Tag der offenen Tür vor den Anmeldungen in einer Präsentation vor.

Die dreitägige Fahrt nach Brüggen in der fünften Klasse gehe nicht sehr ins Geld, berichtet er weiter. Für die Abschlussfahrt in der Neunten sind etwa 300 Euro als Obergrenze festgelegt, für die in der Zwölf rund 400 Euro.

Die Fahrten können als Wandertag, Exkursion, zur Teilnahme an Veranstaltungen schulischer Wettbewerbe, im Rahmen von Schülerbegegnungen und Schüleraustausch oder als mehrtägige Klassen-, Kurs- und Jahrgangsstufenfahrt stattfinden.

An der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule werden sie — ebenso wie am Gymnasium am Stadtpark — in den fünften, neunten und zwölften Klassen als Jahrgangsstufenfahrt durchgeführt.

„Wir treiben die Kosten nicht in die Höhe. Sie stehen genau fest und werden eher unterschritten“, erläutert Christma Hartings, die stellvertretende Leiterin und Etatverwalterin der Gesamtschule, die im Süden der Stadt liegt. „Bis zu 150, 225 und 300 Euro werden für die Fahrten in den jeweiligen Jahrgangsstufen veranschlagt. Wir lassen uns das Einverständnis der Eltern zu Fahrt und Kosten bei der Anmeldung unterschreiben.“

Das habe für die türkischen Mädchen einen weiteren wichtigen Aspekt, berichtet Christma Hartings mit einem Lächeln. „Wenn die Klassenfahrt ansteht, können sie ihre Väter darauf aufmerksam machen, der Fahrt zugestimmt zu haben.“ Ernste Probleme wegen der Teilnahme gebe es nur noch hin und wieder.

Neben den Fahrtkosten fallen weitere Beträge an wie etwa für Lektüren, Arbeitsbuch, Malblock oder Speckstein. „Wo setzen wir die Grenze?“, fragt Nagels. „Da können wir auch bereits bei der Schüler-Grundausstattung mit Tornister, Mäppchen und Bleistift anfangen.“ Die Problematik würde aber — ebenso wie die Lehrerkosten - zurzeit heiß diskutiert.

Eine andere Seite zeigt der Schulleiter aber ebenso auf. „Wir haben schon Bücherbasare durchgeführt, in denen Bücher der Siebener- an die Sechserjahrgänge preiswert abgegeben werden konnten. Das ist mangels Interesse gescheitert.“

An der Kurt-Tucholsky-Schule werden die Nebenkosten beispielsweise fürs Kopieren einmal jährlich mit 7,50 Euro erhoben. Dazu kommt in der Sekundarstufe I ein Jahresplaner für 2,50 Euro, in den Hausaufgaben und Mitteilungen an die Eltern in Form des „kleinen Dienstwegs“ geschrieben werden. „Das spart viele Briefe und Telefonate“, erklärt Hartings. In der Unterstufe komme ein Taschenrechner für elf Euro hinzu, das für die Oberstufe vorgeschriebene Modell wird mit künftig 90 Euro die Familienbudgets belasten.

Es sei nicht einfach, für finanzschwächere Eltern zu erklären, dass sie die Ausgaben — ganz gleich wofür — nicht stemmen können. Das wissen die Pädagogen. Hartings: „Wir haben für diesen Fall kleine Fonds für bedürftige Schüler. Daraus strecken wir bei Bedarf Geld für die Klassenfahrten vor, damit alle mitkommen.“ Das Geld könne dann in Raten zurückgezahlt werden. Nagels erklärt, dass Eltern sich dazu an die Person ihres Vertrauens wenden könnten. Das könne beispielsweise auch der Kunstlehrer sein.