Corona "Die Gastronomie liegt am Boden"

Krefeld · Interview Der hiesige Vorsitzende für den Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein, Antonios Arabatzis, nennt die Entscheidungen in Berlin „einen Nackenschlag“ und erläutert, wie lange seine Kollegen und er noch durchhalten können.

Sorgenvoll blickt der Vorsitzende in Krefeld für den Hotel- und Gaststättenverband, Antonios Arabatzis, in die Zukunft.

Foto: Andreas Bischof

Keine Events, weniger Gäste, keine Bewirtung in den Kneipen und den Restaurants, alles geschlossen. Die Maßnahmen der Regierung gegen die Ausbreitung des Coronavirus treffen auch die Krefelder Gastronomen hart. Die Zeit läuft ihnen davon, das Geld wird knapp. Wir haben mit Antonios Arabatzis gesprochen. Er ist Inhaber der Brauerei Gleumes und Vorsitzender in Krefeld für den Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband für das Gastgewerbe, Dehoga Nordrhein.

Herr Arabatzis, wie bewerten Sie die aktuelle Lage?

Antonios Arabatzis: Es ist eine sehr schwere Zeit. Seit dem 19. März haben wir quasi keinen Umsatz. Die Gastronomie liegt am Boden. Sie ist ein breites Spektrum. Es gibt da viele Probleme. So eine Krise haben wir noch nicht erlebt.

Bund und Länder haben nun erste leichte Lockerungen, in erster Linie für den Einzelhandel, zugelassen. Das mindert Ihre Sorgen aber sicher noch nicht.

Arabatzis: Die Gastronomie wurde zu null Prozent berücksichtigt. Als ich die Nachricht am Mittwoch um 16 Uhr erhielt, war es mir, als ob ich in kaltes Wasser falle. Wir hatten gehofft, zumindest teilweise unter Bedingungen öffnen zu können. Das war ein Nackenschlag für uns. Wir hatten Pläne mit Vorsichtsmaßnahmen im Angebot. Unsere Lage ist bedrohlich. Wir brauchen jetzt dringend weitere Soforthilfen. Es hängen Familien und Existenzen dran. Der Kreislauf wird sich nicht schließen. Kein Ministerpräsident will Verantwortung übernehmen für eine Lockerung, wenn danach die Zahlen wieder steigen.

Wie geht es den Gasthäusern in dieser Zeit?

Arabatzis: Die Übernachtungen sind stark zurückgegangen. Keine Veranstaltungen, keine Messen, kein Sport. Können Sie sich das vorstellen? Es ist eine Katastrophe.

Finden Sie, dass die Maßnahmen der Regierung angemessen sind?

Arabatzis: Es hatte keinen Sinn, Gaststätten und andere Orte offen zu lassen. Die Gäste kommen und werden krank. Wir sehen die Maßnahmen ein. Wir waren nur verwundert, dass der eine oder andere dennoch Gäste eingeladen hatte. Es waren ein paar schwarze Schafe unter uns. Da waren wir natürlich verärgert. Unser Verband war sich einig. Wir haben den OB (Frank Meyer, d. Red.) beraten und gesagt: Nur eine richtige Schließung bringt etwas.

Wie lange können Sie und Ihre Kollegen noch aushalten?

Arabatzis: Wir müssen versuchen unsere Betriebe mit Einschränkungen auf zu kriegen. Wir können nicht noch vier bis acht Wochen warten, sonst wird es in Krefeld eine große Anzahl von Insolvenzen geben. Wichtig ist aber: Es darf dann bei uns keine Fälle von Corona geben. Ich hoffe für Hilfen für die Veranstaltungstechniker. Ich glaube, dass wir bis zum Herbst keine Events haben werden.

Wie würde es wirtschaftlich bei einer Wiedereröffnung aussehen?

Arabatzis: Die vergangenen Jahre ging es der Branche ganz gut. Wir alle fangen aber nach der Krise bei null an und haben jetzt ein Minus. Bis zum Jahresende den Verlust auszugleichen wird schwierig. Der Umsatz wird deutlich niedriger sein als vor sechs Wochen. Wir werden in unserer Brauerei zum Beispiel weiterhin keine großen Gesellschaften aufnehmen dürfen. Ich will aber auch mein Personal behalten. Und da wäre ja auch noch die Frage nach dem Gast. Wie reagiert er? Hat er Angst?

Gerade die Großveranstalter wie die Rennbahn, Kulturfabrik oder die Seidenweberhaus GmbH müssen mit hohen Einbußen umgehen.

Arabatzis: Wir als Brauhaus könnten mit weniger Tischen und wenigen Gästen zumindest aufmachen. Diskotheken oder Orte wie die Rennbahn zum Beispiel mit Partys bis zu 2000 Leuten eher nicht. Das ist ein großes Problem. Alle Veranstaltungen sind abgesagt. Mit den Umsätzen hat man ja gerechnet. Da drückt der Schuh.

Gibt es schon Signale aus der Gastro-Szene, dass Kollegen von Ihnen die Krise nicht überstehen werden?

Arabatzis: Bisher ist noch keine Schließung fix. Besorgte Anrufe gab es schon, konkret aber ist noch nichts. Viele fragen sich: Was passiert nach dem 1. Mai? Viele haben ja Fördermittel beantragt. Wer das nicht gemacht hat, ist selbst schuld. Es ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Jeder Tag ist anders. Ich bin im Austausch mit der Dehoga. Was ist in Düsseldorf und Mönchengladbach? Es kann durchaus passieren, dass die eine oder andere Gaststätte nicht mehr aufmacht.

Mit den Aktionen „Bierchen daheim“ und „Support your Lokal“ können Gäste ihre Kneipe oder Restaurant mit Spenden unterstützen. 25 Lokale und Veranstaltungsorte sind vertreten. Wie finden Sie das?

Arabatzis: Die Aktion ist sehr nett. Ein paar Sachen haben mich in dieser Krise ja auch positiv überrascht. Gäste kaufen Gutscheine für Bier, versuchen die Gastronomie zu unterstützen. Wir Gastronomen sprechen täglich miteinander, sitzen in einem Boot. Die Krise hat uns irgendwie auch zusammengeschweißt. Man merkt: Man ist nicht allein. Man meldet sich, gibt Informationen an die Anderen weiter. Die Solidarität stimmt. Da bin ich stolz drauf. Die Krefelder halten zusammen.

Ein Problem liegt darin, dass niemand gegen so eine Pandemie versichert ist.

Arabatzis: Und jetzt brauchen wir gerade die Versicherung. Wir zahlen da ja seit Jahren hohe Summen. Eine Versicherung gegen eine Betriebsschließung haben fast alle, aber die Versicherer zahlen nicht: Eine Pandemie ist nicht vorgesehen. Das ärgert uns am meisten. In der Not stehen wir jetzt alleine da. Immerhin: Signal Iduna und HDI haben eingelenkt, wollen jetzt zahlen. Das gibt mir ein bisschen Hoffnung.