Schulen Wird die Hauptschule in Krefeld doch wieder gebraucht?
Krefeld · Analyse Eigentlich schließt die letzte Hauptschule der Stadt 2021. Doch jetzt sehen die Liberalen neuen Bedarf.
Die Hauptschulen verschwinden aus der Schullandschaft. Auch in Krefeld. Schon seit Jahren werden nach damaligem kommunalpolitischen Beschluss keine weiteren Eingangsklassen mehr gebildet. Spätestens 2021 ist laut Verwaltung (siehe Kasten) dann mit dieser Schulform Schluss. Doch die FDP spricht sich jetzt für eine Neugründung aus.
Dabei haben die Liberalen eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Lesen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache (LES) sowie einem weiteren frei wählbaren Förderschwerpunkt vor Augen. Und das alles als Versuchsschule möglichst dann in einem Gebäude der auslaufenden Hauptschulen. Ein entsprechender Antrag wurde kürzlich im Schulausschuss gestellt, aber von Ausschussmitglied Alexander Schmitz erstmal zurückgezogen. Die erste Diskussion habe gezeigt, dass sich keine Mehrheit ergeben hätte. „Wir müssen noch Aufklärungsarbeit leisten“, sagt Schmitz, der zumindest Lehrer von Real- und Gesamtschulen, die die Hauptschüler auffangen müssen, auf seiner Seite sieht.
Der Antrag klingt im ersten Moment tatsächlich wie ein Anachronismus. Schließlich haben die Eltern in den vergangenen Jahren mit den Füßen abgestimmt und ihre Kinder zu anderen Schulen geschickt. Seit Jahren schrumpft entsprechend der Bestand. Nur noch in vier Bundesländern gibt es Hauptschulen, eine noch deutlichere Aussagekraft haben die Entwicklungszahlen in NRW: Während es laut Schulministerium 2007 noch 233 271 Schüler an der Hauptschule gab, waren es 2016 nur noch 87 816. Und bei den Schulen selbst wurde ein Rückgang von 718 (2007) auf 403 (2016) Häuser gemeldet. Aktuell (2018(2019) sind es laut Statistischem Landesamt nur noch 243 Schulen mit 62 827 Schülern.
Was bewegt die Krefelder FDP dann dazu, dagegen zu halten? Hier die Argumente:
Bedarf Es gibt weiter einen Bedarf am Bildungsgang Hauptschule, sagt Schmitz. Wegen insgesamt steigender Schülerzahlen und dem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. Diesen Bedarf müssen nun entweder die Gesamt- oder Realschulen decken. Tatsächlich hatte dies der Schulausschuss bereits 2016 berücksichtigt. Demnach kann der Schulträger an einer Realschule ab Klasse sieben den Hauptschulbildungsgang einführen, sofern es keine öffentliche Hauptschule mehr in der Stadt gibt. Vorgesehen war ursprünglich nur die Albert-Schweitzer-Realschule. Mittlerweile muss laut Alexander Schmitz auch die Freiherr-vom-Stein-Realschule in die Bresche springen.
Problem Probleme sieht die FDP bei der Gesamtschule darin, dass die so genannte Drittelparität möglicherweise nicht mehr gewahrt bleibt. Zu je einem Drittel sollen Haupt-, Real- und Gymnasialschüler unterrichtet werden. Durch den Wegfall der Hauptschule könne sich dieses Gefüge verschieben und die Bildung einer Oberstufe schwierig werden. Und bei den Realschullehrern bereiteten noch nicht geklärte räumliche und materielle Voraussetzungen Kopfzerbrechen. Die Schüler würden zwar gemeinsam im Klassenverband unterrichtet, es müsse jedoch die Möglichkeit einer „inneren und äußeren Differenzierung“ geben. Gemeint sind damit sowohl Lehrmaterial als auch Räumlichkeiten. Schmitz: „Das ist ein immenser Aufwand für die Lehrkräfte.“
Förderschwerpunkt Zudem weisen die Liberalen darauf hin, dass in den sechs Förderschulen (davon vier in städtischer Trägerschaft) 51 Prozent der Schüler im Bereich LES Defizite haben. Es bestehe dringender Handlungsbedarf und könne mit der Neugründung einer Schwerpunktschule abgefedert werden. Zudem könnten die bestehenden Förderschulen dadurch entlastet werden. Und in kleineren Klassen am neuen Institut sei eine bessere individuelle Förderung möglich. Oder umgekehrt: In großen Klassen ist eine Förderung einzelner Kinder kaum möglich.