Hochschule Hochschule sieht keine Anreize mehr für Ticket-Trickser
Krefeld · Für 49 Euro im Monat kann man ab Mai durch Deutschland fahren. Das Semesterticket ist teurer.
Freie Fahrt in ganz Nordrhein-Westfalen mit Bus und Bahn? Und das für einen überschaubaren Geldbetrag. Viele Jahre lang war das Semesterticket an Hochschulen und Universitäten eine Einladung auch für Trickser, die es mit ihrer Einschreibung nicht ganz so ernst meinten und versuchten, die teuren handelsüblichen Fahrscheine zu umgehen und sich mit wenig Aufwand damit kreuz und quer durchs Bundesland chauffieren zu lassen — für jeweils sechs Monate lang — ohne aber nur eine Minute in einem Hörsaal oder Seminarraum verbracht zu haben.
Einst, noch keine 20 Jahre her, wie sich der Autor dieser Zeilen erinnert, der selbst fertig studierte und das Angebot für die öffentlichen Verkehrsmittel zur Pendelei ohne Auto gerne annahm, war man mit einer Überweisung von etwa 150 Euro für sechs Monate schon dabei. Doch diese Zeiten sind vorbei. Und auch Sparfüchse ohne Absicht zu studieren, müssen sich heute dreimal überlegen, ob sie sich einschreiben oder doch direkt das Deutschland-Ticket für monatlich 49 Euro kaufen, dafür aber die gesamte Republik bereisen können.
Wer sich an der Hochschule Niederrhein für das Sommersemester 2023 eingeschrieben hat, musste 326 Euro für das Semesterticket berappen. 88 Euro anteilig für das Studierendenwerk, 18 Euro für den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), allein 220 für die eingepreiste Fahrkarte. Im Haus glauben sie also nicht, dass sie anlässlich der Einführung des Deutschland-Tickets zum 1. Mai nun von Schein-Studenten überlaufen werden, wie Sprecher Tim Wellbrock gegenüber der WZ sagt. „In der Vergangenheit war dieser Weg wesentlich attraktiver als heute.“
Es ist schwer, Betrügern
auf die Spur zu kommen
Rechnet man die monatlichen 49 Euro auf sechs Monate hoch, sei man preislich noch unter dem Semesterticket, hätte aber eine wesentlich größere Reichweite. Der Studierendenausweis rentiert sich also nicht mehr für Trickser, solange sie schlicht auf die Bus- und Bahnfahrten aus sind. Der Anteil für die öffentlichen Verkehrsmittel im Semesterticket steigt seit Jahren. Im Vergleich zum zurückliegenden Wintersemester ist es jetzt acht Euro teurer.
Überhaupt sei es schwierig, solche Betrüger ausfindig zu machen und zu sanktionieren, wie Wellbrock erzählt. Privatsphäre, aber auch gewisse individuelle Sonderfälle, machten die Nachverfolgung kompliziert. „Man könnte die Leute persönlich anschreiben. Das wäre aber auch wieder ein enormer Verwaltungsaufwand.“ Dennoch gibt es auch Verdachtsfälle: Zum Stichtag 31. August 2022 waren an der Hochschule Niederrhein 3,8 Prozent der Männer und Frauen im vierten Semester noch ohne gesammelte Punkte und abgelegte Prüfungen oder eingereichte Hausarbeiten. Sehr ungewöhnlich in den heutigen Studiengängen. Das waren beispielsweise im Fachbereich Sozialwesen 0,8 Prozent, also 15 von 1877. Im Fachbereich Chemie lag die Zahl höher bei 8,4 Prozent, was in absoluten Zahlen 56 von 665 Studierenden ausmacht.
Wellbrock erzählt auch von Fällen, als sich sogar Mitarbeiter der Hochschule als Studierende einschrieben, um das damals billigere Semesterticket zu ergattern. Heute achte man darauf, solche interne Erschleichung zu verhindern.
Insgesamt waren zum gerade abgelaufenen Wintersemester bis zu 13 115 Personen an der Hochschule Niederrhein als Studierende registriert. Einen außergewöhnlichen Zuwachs habe man nicht erlebt, so Wellbrock. Alles bewege sich im alljährlichen Rahmen und auf dem Niveau des Vorjahres. Erfahrungsgemäß beginnen im Wintersemester mehr Leute mit einem Studium als im Sommer. Noch bis zum 15. März können sich Interessierte für Studiengänge von April bis Juli anmelden.
Ein kleines Instrument hat die Hochschul-Verwaltung auch noch, um so manchem Phantom auf die Schliche zu kommen. Die obligatorischen Rückmeldungen zum neuen Semester. Die alte Regel greift noch immer: Wer den Beitrag nicht überweist, wird ausgeschrieben. Und da bleibt der eine oder andere Trickser auch schon mal im Fangnetz hängen.