Jüdische Gemeinde Jüdische Begräbnisse gibt es ab 2021 in Fischeln

Krefeld · Auf dem Friedhof des Krefelder Stadtteils wurde ein Areal gekauft. Auch eine Trauerhalle ist dort geplant.

Michael Gilad ist Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Krefelds.

Foto: Andreas Bischof

Jüdisches Leben in Krefeld. Das ist eine Geschichte aus mehreren Jahrhunderten. Davon zeugen auch die Friedhöfe im heutigen Stadtgebiet, von Linn bis Hüls. Die ältesten Grabsteine datieren aus dem Jahr 1770. Sie stehen an der Heideckstraße. Es sollte also eigentlich nicht stimmen, was „Der Spiegel“ im Frühjahr 2019 schrieb. Von einer „unbekannten Welt nebenan“ kann in Krefeld auf das Judentum bezogen nicht die Rede sein. Durch den Zuzug aus der ehemaligen Sowjetunion in den 1990er-Jahren ist die jüdische Gemeinde auf mehr als 1000 Mitglieder angewachsen.

Jüdische Gräber sind für die Ewigkeit. Sie werden nicht eingeebnet und neu vergeben. Der einzige noch nicht voll belegte Friedhof an der Alten Gladbacher Straße aber bietet für neue nicht mehr genügend Platz. Die jüdische Gemeinde hat daher auf dem Fischelner Friedhof ein 6000 Quadratmeter großes Areal erworben. Das neue Gräberfeld soll auch eine eigene Trauerhalle erhalten. Die Fläche ist bereits mit kleinen Hecken abgesteckt. In der Trauerhalle sollen nach jüdischen Ritualen die Toten auf ihrem letzten Weg begleitet werden.

Waschung und Einsargung bisher in städtischer Trauerhalle

Das Haus soll das Krefelder Architekten-Büro Reymann bauen, das schon das Gemeindezentrum an der Wiedstraße konzipierte und mittlerweile Erfahrungen mit jüdischen Sakralbauten hat. Noch läuft die Planungsphase, auch das Verfahren der Baugenehmigung ist im Gange. Michael Gilad, seit 2012 der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, und Reymann haben in den vergangenen Monaten jüdische Friedhofshallen in anderen Gemeinden begutachtet. Der Vorsitzende rechnet mit etwa eineinhalb Jahren Bauzeit, bis alles fertig ist. „Dann ist der Friedhof vollkommen nach jüdischen Ritualen.“

Bis dahin muss noch das Gräberfeld an der Alten Gladbacher Straße genutzt werden. Die Waschung und Einsargung der Toten findet derzeit in der städtischen Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof statt. Der neue Friedhof in Fischeln samt Trauerhalle ist nach dem Bau des Gemeindezentrums und der großen Synagoge 2008 das nächste große Projekt. Es wird die erste Eröffnung eines jüdischen Friedhofes in Krefeld seit 1903 sein, als die Begräbnisse an der Alten Gladbacher Straße begannen.

Alle anderen jüdischen Bestattungsplätze in Krefeld sind geschlossen oder wurden in der NS-Zeit zerstört. Manche Grabsteine sind im Laufe der Jahrhunderte buchstäblich im Boden versunken, wurden durch Grabungen erst wieder ans Tageslicht gefördert. Manche Entdecker sahen in den Steinen schon eine archäologische Sensation aus der Römerzeit. Weit gefehlt. Jüdische Friedhöfe gab es an der Heideckstraße, an der Klever Straße und Am Strathof in Hüls, am Kreuzweg in Linn, wo auch Juden aus Uerdingen, Osterath, Bockum und Hohenbudberg beigesetzt wurden. Sie wurden während der NS-Zeit geschlossen. Genutzt wird heutzutage nur noch die Begräbnisstätte an der Alten Gladbacher Straße.

Der ehemalige jüdische Friedhof in Uerdingen bestand bis 1942. Damals erwarb die I.G. Farbenindustrie, zu der sich die Bayer AG, BASF und Agfa in den Jahren 1925 bis 1945 zusammengeschlossen hatten und auch am Standort Uerdingen produzierten, das Areal gegen den Willen der Gemeinde für einen Betrag von 3000 Reichsmark. Das Gräberfeld wurde eingeebnet und als Werksgelände genutzt.

1953 gab es eine Ausgleichszahlung der Bayer AG an die Jewish Trust Corporation als eine Art Wiedergutmachung, für Anwesen ohne Erben. Damals rechnete man nicht damit, dass wieder jüdisches Leben nach Deutschland zurückkehren würde.

Die Bitte der jüdischen Gemeinde, den Bau einer Trauerhalle auf einem zukünftigen Friedhof finanziell zu unterstützen, wurde vom Chempark mit dem Hinweis auf Unternehmensstatuten nach mehreren Gesprächen abgelehnt.