Krefeld schickt Dante zur Hölle
Seit 65 Jahren trifft sich hier die Dante-Gesellschaft. Nun fühlt sie sich von der Stadt vertrieben.
Krefeld. Wenn am kommenden Wochenende die Deutsche Dante-Gesellschaft zu ihrer 90. Jahrestagung zusammentrifft, geht eine lange Tradition zu Ende. Krefeld wird zum letzten Mal Tagungsort sein, da die Gesellschaft sich nicht länger erwünscht fühlt.
Mit Bedauern bestätigt das Präsident Winfried Wehle: „Die Stadt hat kein Interesse mehr an Dante“ sagt er. Wehle sieht darin allerdings einen Widerspruch zur Anerkennung in der Bevölkerung. „Das Interesse an unserer Tagung ist hier immer sehr groß“, betont er. Alle Vorträge sind öffentlich, werden gerne von Außenstehenden besucht.
Die deutsche Dante-Gesellschaft wurde 1865 in Dresden gegründet und ist damit die älteste Dante-Vereinigung weltweit. 1947, als durch die deutsche Teilung der bisherige Standort Weimar schwierig wurde, brachte der damalige Krefelder Bibliotheksdirektor Friedrich Schlüter seine Stadt ins Spiel. Im Juni 1947 fand die erste Tagung in Krefeld statt — und seither alle zwei bis drei Jahre. Parallel dazu gibt es einen Dante-Kreis, zu dessen Aktivitäten seit Jahren die Dante-Lektüre in der Volkshochschule zählt.
Neben der Enttäuschung empfindet Wehle jedoch auch Dankbarkeit und Anerkennung für die jahrzehntelange organisatorische Unterstützung durch die Stadt. Doch genau das möchte man zukünftig nicht mehr leisten. „Aus einem Brief des Oberbürgermeisters geht das ganz klar hervor“, sagt Wehle.
Die Dante-Gesellschaft hat daraus Konsequenzen gezogen und wird zukünftig wieder regelmäßig in Weimar tagen, wohin sie bereits ihr Archiv verlegt hat. Auch für das vernachlässigte Dante-Denkmal könnte Weimar ein neuer Standort werden.
Seit Jahren bemüht sich die Gesellschaft vergeblich um eine angemessene Position für das seit 1965 in Krefeld befindliche Denkmal. Seit 2009 befindet sich die Dante-Figur in einem versteckten Winkel zwischen Theater und Mediothek, der sogenannten „Bildungslücke“. Ein Vorstoß der Dante-Freunde, die Figur weiter vorne auf einem Sockel zu platzieren, wurde ebenfalls von der Stadt abgelehnt. Aus Weimar gibt es ein Angebot, dem Dichter einen würdigeren Platz im Innenhof des Alten Schlosses zu geben.
In seinem 1997 in der „Heimat“ veröffentlichten Artikel „50 Jahre Dante in Krefeld“ beschreibt Hans Bungarten Krefelds Sonderstatus als „die deutsche Dante-Stadt“. Damit dürfte es nun endgültig vorbei sein.