38-jähriger Mann schwebt nicht in Lebensgefahr Schuss aus Polizeipistole stoppt den Brandstifter im Kino-Foyer
Update | Krefeld · Als versuchte schwere Brandstiftung wertet die Staatsanwaltschaft derzeit die Ereignisse rund um das Cinemaxx-Kino in Krefeld. Zum aktuellen Zeitpunkt liegen keine Hinweise auf Mittäter vor.
Ein Hubschrauber kreist über der Schwertstraße. Der Bereich um den kleinen Kreisverkehr mit der Vereinsstraße ist abgesperrt. Zahlreiche Kräfte der Feuerwehr sind zu sehen. Ein Fahrzeug der Drogenhilfe der Caritas ist ebenfalls mit Flatterband umrandet. Das Blaulicht erhellt flackernd die Gesichter der Schaulustigen. Ein Zeuge geht auf eine Polizistin zu, berichtet von einem Mann, der hier schon mal im Bereich der Tankstelle aufgefallen sei. Dortige Überwachungskameras könnten das gefilmt haben. Dass der Verdächtige, der mutmaßlich mit einer Brandserie Krefeld für ein paar Stunden in einen Ausnahmezustand versetzte, schon vorher auffällig war, sollte am Tag nach den Geschehnissen NRW-Innenminister Herbert Reul bestätigen (siehe Kasten). Nach Polizeiangaben lebte der Mann mit iranischer Nationalität schon länger in Krefeld. Laut dpa kam er 2002 nach Deutschland, wo er ausländerrechtlich geduldet werde.
An der Schwertstraße begann es am Donnerstagabend: Der 38-Jährige wird verdächtigt, zunächst die Fensterscheibe des Autos der Caritas-Streetworker des Drogenhilfezentrums eingeschlagen und den Wagen entzündet zu haben. Anschließend legt er offenbar einen Brand in seiner Wohnung, die sich ebenfalls an der Schwertstraße befindet, dann bei der Agentur für Arbeit. Am Ende fällt im Foyer des Cinemaxx-Kinos ein Schuss der Polizei, um den Mann zu stoppen, als er dort einen weiteren Brand verursachen will.
Brandspur führt von der Schwertstraße bis zum Cinemaxx
Zum Ablauf: Um 19.53 Uhr geht die Meldung über einen Brand in einer Dachgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Schwertstraße bei der Feuerwehr ein. Ein Zimmer habe gebrannt, niemand habe sich mehr in den Räumlichkeiten befunden, erklärte ein Sprecher der Feuerwehr unserer Redaktion. Die Einsatzkräfte setzten unter anderem eine Drehleiter ein. Die Polizei stellt später fest, dass es sich um die Wohnung des Verdächtigen handelt. Zuvor war es schon zum Brand am Caritas-Fahrzeug gekommen.
Um 20.08 Uhr sei dann ein Feuer bei der Agentur für Arbeit gemeldet worden. Hier brannte ein Eckbüro im Erdgeschoss, eine Fensterscheibe war zersplittert, die Schäden blieben gering.
Die Brandspur führt schließlich zum Cinemaxx am Hauptbahnhof. Vor dem Kino kann die Polizei den Mann als Tatverdächtigen ausmachen. Ein im Internet kursierendes Video zeigt die hektische Szene. Mehrere Kräfte der Polizei eilen ins Foyer. Dann ist ein lautes Knallen aus dem Inneren zu hören. Dorthin soll der Verdächtige die brennbare Flüssigkeit mitgeführt haben. Die Polizisten verhinderten Schlimmeres.
Zwei Mitarbeitende, die sich zu diesem Zeitpunkt im Kassenbereich befanden, erlebten das Geschehen mit, berichtet Theaterleiter Markus Marschall. Mehr als 100 Menschen hielten sich zu dieser Uhrzeit in den oberen Bereichen der Kinosäle auf, so die Polizei. Die Feuerwehr rückte mit der Sondereinsatzgruppe Betreuung an, um sich um die Menschen zu kümmern. Fünf Seelsorger waren im Einsatz, erklärte ein Feuerwehrsprecher. Das Cinemaxx blieb am Freitag geschlossen, eine zuvor angesetzte Versammlung konnte zum Gespräch genutzt werden. Glücklicherweise sei niemand verletzt worden, jedoch müsse das Geschehene verarbeitet werden, so Marschall.
Wenig Zeit ließen sich einige mit der Einschätzung der Vorfälle. Am späteren Abend gab es bundesweit Eilmeldungen, es wurde von einem Anschlag oder einer Amoktat gesprochen. Bestätigen konnte dies die zuständige Pressestelle der Polizei in Essen unserer Redaktion zu keiner Zeit. Am Freitag blieben die Ermittler bei dieser Einschätzung: keine Amoktat, keine Hinweise auf einen Anschlag. Das entsprechende Motiv fehle, es habe keine Angriffe auf Menschen gegeben, erklärte ein Sprecher der Polizei. Der Verdächtige sei nicht als Extremist erfasst. Zum Zeitpunkt der Anschlagshysterie hatte die Polizei schon Entwarnung gegeben. Es handelte sich offenbar um einen Einzeltäter, es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung. Laut Medienberichten soll der Mann im Juli 2021 unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden sein. Wie die WZ erfuhr, soll er zudem erstvor kurzem einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde bedroht haben, die im Kino-Komplex ihren Sitz hat.
Oberbürgermeister Frank Meyer war ebenfalls zum Cinemaxx geeilt, hielt sich aber auch am Freitag noch mit einer Einschätzung zurück. „Ich möchte allen Einsatzkräften meinen Dank aussprechen und bin sehr froh, dass eine mögliche schlimmere Entwicklung durch das Eingreifen der Polizei verhindert werden konnte.“
Das Drogenhilfezentrum und die Agentur für Arbeit hatten am Freitag normal geöffnet. Auch die Streetworker waren wieder unterwegs.