Geothermie Tiefenbohrung am Stadthaus

Unter Krefeld wird Kalkgestein mit warmem Wasser vermutet. Das birgt großes Potenzial für Geothermie.

Ingo Schäfer vom Geologischen Dienst NRW mit einer Kalkstein-Probe (l.). Seismische Messungen stellten das Gestein unter Krefeld fest (r.).

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Auf dem Weg zur klimaneutralen Energieversorgung soll auch in Nordrhein-Westfalen die Geothermie – also die Nutzung von Wärmeenergie aus der Erde – ausgebaut werden. Dazu ist demnächst ein Tiefenbohrung geplant, um das Potenzial am Standort Krefeld zu ermitteln – und Erkenntnisse für die Region zu gewinnen. „Geothermie bedeutet Sicherheit für die zukünftige Wärmeversorgung“, erklärte Umweltdezernentin Sabine Lauxen am Donnerstag. Sie könne ein zentraler Baustein in der Wärmeenergieplanung der Stadt sein. Auf dem Parkplatz am Stadthaus soll daher im Herbst und Winter nach Tiefenwasser gebohrt werden – ein Pilotprojekt für die Region.

Was ist Tiefengeothermie?

Durchlässiger Kalkstein im Boden kann Wasser speichern. Je tiefer das Wasser liegt, umso wärmer ist es. Wird es an die Oberfläche befördert, kann dort über Wärmetauscher die Wärmeenergie gewonnen werden, um sie ins Fernwärmenetz einzuspeisen, oder etwa ein Quartier zu heizen. Das abgekühlte Wasser wird wieder in die Erde geschickt, wo es sich wieder erwärmt. Es entsteht also ein Kreislauf.

Warum am Stadthaus bohren?

Bereits vor über einem Jahr hat der Geologische Dienst NRW – der übrigens seinen Sitz in Krefeld hat – mittels seismischer Messungen und älterer Bohrungen ermittelt, wo und in welcher Tiefe gelöster Kalkstein unter Krefeld liegen könnte. Mit der Bohrung soll nun festgestellt werden, ob und wie viel warmes Wasser dort tatsächlich vorhanden ist und zur Wärmegewinnung gefördert werden könnte. Nach Westen hin verschwindet der Kalkstein laut der Messungen – nach Nordosten, also in Richtung Hüls, liegt er immer tiefer. In Höhe Stadthaus hingegen beginne er vermutlich bereits in 300 bis 400 Metern Tiefe und die Chance auf Wasser sei groß, so Ingo Schäfer vom Geologischen Dienst: „Dort haben wir also die geringesten Kosten und die größte Wahrscheinlichkeit.“ Möglich sei eine Bohrung nach Bedarf bis 1000 Metern Tiefe.

Wie verläuft die Bohrung?

Das hintere Drittel des Parkplatzes am Stadthaus wird für drei bis vier Monate gesperrt, voraussichtlich ab dem Spätherbst. Die Bohrung selbst soll bis zu acht Wochen dauern. Sie erfolgt je nach durchführender Firma durch eine mobile oder teilmobile Anlage, die zwischen 60 und 120 Tonnen wiegt und über einen etwa 25 Meter hohen Mast verfügt. Das Loch soll nicht breiter als etwa 60 Zentimeter werden, in der Tiefe sogar deutlich schmaler. Gesteinsproben werden entnommen, aber natürlich auch Wasser, Sonden und Kameras werden für Untersuchungen in den Boden gelassen.

Gibt es Risiken/Einschränkungen?

Die Technik sei lange erprobt und Routine, so Schäfer. Die ersten 100 bis 120 Meter des Bohrloches werden mit einem Standrohr versehen und zementiert, um das Grundwasser vor dem mineralisierten Tiefenwasser zu schützen. Vibrationen seien nicht zu spüren, gegen Lärm werden Lärmschutzwände installiert. Der Verkehrsfluss bei Spielen der Pinguine in der Yayla-Arena nebenan soll sichergestellt werden.

Wie groß ist das Energiepotenzial?

Das könne man erst nach der Bohrung abschätzen, wenn ersichtlich ist, wie dick die Kalkgesteinschicht tatsächlich ist und wie viel Wasser gefördert werden könnte.

Wie hoch sind die Kosten?

Laut Ingo Schäfer liegen die bei zwei bis drei Millionen Euro für die geplante Probebohrung – diese trägt aber das Land. Spätere Bohrungen zur Wasserförderung, etwa durch die Stadtwerke, würden weniger aufwenig und günstiger – und die Kosten teils durch das Land abgesichert (siehe Kasten). „So soll die Angst vor dem Risiko genommen werden“, sagt Schäfer. Denn jede Bohrung bringe neue Erkenntnisse.

Wie geht es danach weiter?

Am Donnerstagabend wurde das Projekt dem Klimaausschuss vorgestellt. Sollte die Bohrung erfolgreich sein, geht es für die Stadt an die Planung, wie die Tiefenwärme in Krefeld genutzt werden soll. Auch die Politik muss dann zustimmen. Und die Stadt muss sich Partner für die Umsetzung der Geothermie suchen, also Energieversorger, wie etwa die Stadtwerke. Erst dann würden die Bohrungen zur Wärmegewinnung begonnen. Ein paar Jahre könne dies schon dauern, so Schäfer. Der Geologische Dienst selbst habe weitere Probebohrungen in NRW geplant.