„Krefelder Sportgeschichte“ Feldhandball elektrisierte die Massen: TV Oppum – der umjubelte deutsche Meister

Serie | Krefeld · In der Serie „Krefelder Sportgeschichte“ stellen wir jedes Mal eine andere Sportart vor. Dieses Mal geht es um die Begeisterung für den Feldhandball. Eine Sportart, die heutzutage beinahe ausgestorben ist.

Die Meister-Mannschaft des TV Oppum wird nach dem Titelgewinn auf dem Rathausplatz empfangen.

Foto: Ja/Bischof, Andreas (abi)

Den kleinen braunen Endspiel-Handball haben sich die Spieler um Peter Inger am 8. September 1968, gleich nach dem 18:16-Sieg des TV Oppum gegen die SG Leutershausen um die deutsche Feldhandball-Meisterschaft, als ewige Erinnerung gesichert. Selbst das blau-rote Plakat mit den Hinweisen auf das Großereignis im Düsseldorfer Rheinstadion, wo die Oppumer vor 25 000 Zuschauern den großen Favoriten nach einem 4:8-Halbzeit-Rückstand besiegten, hängt fein gerahmt im Hause Inger. Doch derzeit sind beide Objekte als Exponate in der Sonderausstellung „Krefelder Sportgeschichte“ im Museum Burg Linn zu besichtigen.

Denn Inger hat auf Anfrage von Kurator Christoph Dautermann noch weitere Stücke aus der umfangreichen Sammlung für die Ausstellung zur Verfügung gestellt: „Für mich eine Selbstverständlichkeit. Denn die Krefelder Sporttradition bestand ja in diesen Jahren nicht nur aus der Sportart Eishockey, obwohl ich manchmal den Eindruck hatte, dem sei so. Wir haben im Mannschaftssport neben Bayer Uerdingen mit dem DFB-Pokalsieg und später auch dem Crefelder HTC im Hockey jedenfalls Geschichte geschrieben. Krefeld war einfach eine facettenreiche Sportstadt.“

Kurz vor dem Finale erst wurde Peter Inger wieder fit

Nach der deutschen Vizemeisterschaft 1931, dem Titel 1966 war Inger glücklich, dass er am zweiten deutschen Meistertitel beteiligt war. Das „Küken“ der Meistermannschaft, gerade einmal 19 Jahre jung, war kurz vor dem Finale erst wieder fit geworden. Nach dem Auswärtsspiel beim VfL Gummersbach, in der Nordgruppe der Bundesliga, hatte Inger einige Wochen zuvor auf der Rückfahrt einen Blindarmdurchbruch erlitten: „Es ging alles rasend schnell, wir sind mit dem Auto direkt in die Klinik gefahren, wo ich operiert wurde. Doch die Hoffnung, beim Endspiel dabei zu sein, hatte ich schon begraben.“

Doch Oppums Trainer Hans Keiter, sagt Inger, wusste Rat: „So richtig fit geworden bin ich nur wegen einer Art Astronautenkost.“ Die sogenannte Olympia-Nahrung war dem späteren Vorsitzenden des TV Oppum vom ehemaligen Leverkusener Sportmediziner Josef Nöcker verabreicht worden. In der Berichterstattung der seinerzeit drei in Krefeld ansässigen Zeitungen WZ, NRZ und RP wurde Inger jedenfalls im Finale für eine solide Leistung und seine gute Übersicht in der Ballverteilung gelobt. Zu einem Tor reichte es für den ehemaligen B-Nationalspieler aber nicht. Mittlerweile leben von 13 Meisterspielern noch fünf, Kontakte bestehen bis heute, auch zu ehemaligen Konkurrenten, gerade aus dem Umfeld des TuS Spenge. Sieben Jahre nach dem Oppumer Triumph wurde der TuS Nettelstedt 1975 zum letzten deutschen Feldhandball-Meister gekürt.

Vor 17 000 Zuschauern in der Grotenburg

Eine Sportart, die Jahrzehnte die Massen elektrisiert hatte, verschwand von der Bildfläche. Inger erinnert sich: „Selbst in der Grotenburg haben wir bei einem Entscheidungsspiel gegen Grün-Weiß Dankersen vor 17 000 Zuschauern gespielt. Zum Endspiel in Düsseldorf begleiteten knapp 15 000 Krefelder den vermeintlichen Außenseiter, der nach einer wahren Aufholjagd in der zweiten Hälfte den Gegner mit dem „tödlichen Rezept der Manndeckung“ gegen Leutershausens Spielmacher und Nationalspieler Plambeck den Zahn zog, so berichtete die Presse.

Von Osterath aus fuhr das Meisterteam später in sechs Cabriolets in die Innenstadt bis vor das Rathaus. Inger sagt: „Das war wie ein Triumphzug, heute kaum noch vorstellbar, vorab zog das Oppumer Fanfarenkorps. Schlachtrufe erklangen, wir mussten uns in das goldene Buch eintragen, wurden von Oberbürgermeister Hans-Heinz Hauser begrüßt, von den Massen bejubelt.“ Später ging es in das ehemalige Vereinslokal Parkhaus Oppum, wo Inger morgens um sechs Uhr mit Klaus Ratajczak auf den Treppenstufen die Meisterfeier ausklingen ließ. „Ich habe auf dem Feld wie in der Halle gleichermaßen gerne Handball gespielt. Der Feldhandball war halt die Sommervariante.“

Tabellenführer in der 1. Hallen-Handball-Bundesliga

Aber fast völlig in Vergessenheit geraten sei, so Inger, danach die immerhin zweijährige Zugehörigkeit seines Klubs zur 1. Hallen-Handball-Bundesliga, nach dem Aufstieg im Sommer 1969. Dort übernahm der Außenseiter nach einem 13:9-Auftaktsieg beim späteren Absteiger Mülheim und nach einem furiosen ersten 20:19-Heimsieg gegen den VfL Gummersbach sogar am zweiten Spieltag die Tabellenführung. Als Tabellensiebter der acht Klubs umfassenden Nordgruppe konnte der TV Oppum die Liga so gerade halten.

Nur ein Jahr später folgte nach einer 13:23-Niederlage im letzten Saisonspiel in Essen der Abstieg in die damals zweitklassige Regionalliga. Inger: „Wir waren in der Liga wegen unserer kleinen Halle nicht gut gelitten. Die Glockenspitzhalle gab es noch nicht. Essen spielte immerhin in der Gruga-Halle vor 3 000 Zuschauern. Damals wurden die Einnahmen noch nach jedem Spiel aufgeteilt. Der Gegner kassierte 40 Prozent.“