Krefeld Krefelds OB Meyer kritisiert Facebook-Nutzer, die über "Hobby-Politiker" lästern

Frühjahrsempfang im Schnee. OB würdigt unter anderem den Einsatz von Krefelds Wahlhelfern.

Um sie ging es auch: OB Fank Meyer hatte Wahlhelfer eingeladen, unter anderen (von links) Hans Grote, Barbara Rasinski-Klementowski und Brigitte Kolberg.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Friederike hatte den Neujahrsempfang des Krefelder Oberbürgermeisters im Wortsinne weggefegt. Nun ist es ein Frühlingsempfang geworden, auch wenn das Wetter mit Eisestemperaturen und Schnee wieder sein eigenes Ding macht. Krefeld ist am ersten Samstag im März ein Winterwunderland. Trotzdem ist das Stadtwaldhaus proppevoll. Ein wichtiges Jahr hat begonnen mit vielen wegweisenden Projekten: Schulsanierung, Seidenweberhaus, Umbau großer Teile der Verwaltung in eine Anstalt öffentlichen Rechts. Doch OB Frank Meyer wird nachher sagen. „Am meisten habe ich mich über die Gespräche mit den erfahrenen Wahlhelfern gefreut.“

Er wirkt noch ein wenig gezeichnet von einer Woche zwischen Krankenbett und Terminen, zu denen er sich offensichtlich auch mit dem Kopf unter dem Arm schleppt. Meyer wählt trotz der aktuellen Debatten einen überraschenden, einen anderen Fokus. Er spricht sehr ausführlich über Demokratie, Ehrenamt und den Umgang miteinander, hat viele Wahlhelfer zum Empfang eingeladen. Um danke zu sagen für das Engagement im Superwahljahr. Und um der Symbolik willen, denn „Demokratie bedeutet Arbeit. Sie als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer erfüllen diesen Anspruch in besonderer Weise, indem Sie die Wahl zu Ihrer eigenen Angelegenheit erklären“.

Großer Andrang beim "Frühjahrsempfang" von OB Meyer
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Großer Andrang beim "Frühjahrsempfang" von OB Meyer

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Wo Meyer hinwill, wird spätestens deutlich, als er eine Lanze bricht „für den viel gescholtenen Berufsstand des Politikers. Ich rede zum Beispiel von den Kolleginnen und Kollegen, die nach der letzten Bundestagswahl in Berlin wochen- und monatelang über die Ziele und Inhalte einer künftigen Regierung diskutiert und versucht haben, eine Koalition zu schmieden.“ Der OB wirbt für ein Verständnis, für den fairen Umgang mit Politik. Er scheint das Gefühl zu haben, es tun zu müssen in Zeiten von sozialen Medien, die gern von Populisten missbraucht und zum Marterpfahl werden können. Auch im Lokalen.

„Bei uns in Krefeld, ist politisches Engagement in weiten Teilen ein Ehrenamt: Ich finde es ausgesprochen unfair, wenn in sozialen Netzwerken oder an der Theke über ,diese Hobby-Politiker’ gelästert wird, die angeblich von nichts eine Ahnung haben.“ Lob gibt es am Rande von CDU-Ratsfrau Angelika Brünsing, die sagt: „Insgesamt ein guter Fokus, wenngleich Meyer sich nicht nur als Beobachter darstellen darf. Als Verwaltungschef macht er auch Politik.“ Es gehe um das Gemeinwesen, fährt Frank Meyer fort, viel investierte Freizeit, den Willen, gemeinsam etwas für Krefeld zu bewegen.

Diese sehr staatstragende Schleife gerät ein paar Meter zu lang. Auch der Bogen über Krefelder Bezirksvertretungen bis hin nach nach Polen, Ungarn und Österreich, wo demokratische Grundrechte mit Füßen getreten würden, ist ein wenig zu bemüht. Doch Meyer erreicht sein Auditorium, das immer wieder mit Zwischenapplaus dankt. Unter den Gästen ist auch Chempark-Chef Lars Friedrich. Er sagt: „Eine gute Rede, man muss ja nicht immer die Industrie in den Vordergrund stellen. Man könnte aber sicher einen Bogen zu ihr schlagen.“ Der OB tut es an diesem Morgen nicht. Er führt aus, erstmals nach 25 Jahren den Weg aus dem haushalterischen Minus gefunden zu haben.

„Wir geben in den nächsten Jahren fast 100 Millionen Euro für die Sanierung und Modernisierung unserer Schulen aus. Wir schaffen bis 2020/21 fast 700 zusätzliche Kita-Plätze. Hinzu kommen neue Stellen in der Jugendarbeit. Wir sanieren für 140 Millionen Euro Straßen und Radwege, wir investieren Geld in die Sanierung städtischer Gebäude und kaufen Problemhäuser, um die Innenstadt aufzuwerten. Darüber hinaus sollen fast zwölf Millionen Euro aus Landes- und Bundesmitteln in Digitalisierung fließen.“

Meyer spricht über verkaufte Gewerbeflächen, die Sicherung des Theaters und über den Kampf gegen Kinderarmut, den Meyer bereits vor einem Jahr an gleicher Stelle zur Chefsache erklärt hat. „Krefeld für Kinder“ heißt die neue Initiative, für die der jüngst ausgeschiedene Schuldezernent Gregor Micus aktiv Gelder einwerben soll — die er als Koordinator vorantreiben soll. Meyer bezeichnet Micus als „Idealbesetzung. Mit seinen weitreichenden Kontakten, seinen organisatorischen Fähigkeiten und nicht zuletzt seinem Gespür für Menschen.“

Wohl wissend, dass sowohl die Initiative als auch die Personalie in Teilen von Politik und Bürgerschaft skeptisch, mindestens aufmerksam beäugt wird. Meyer weiß das, und er geht ein gewisses Risiko ein, denn die Antwort auf die Frage, ob Micus auf diesem schwierigen Terrain belegbare Erfolge nachweisen wird, ist am Ende ebenfalls Chefsache.