Jetzt hofft Krefeld auf GroKo-Erfolg
Nach dem „Ja“ der Basis zur GroKo fallen die Reaktionen in Krefelds Politik unterschiedlich aus.
Am Tag der SPD-Entscheidung für die Große Koalition präsentiert sich insbesondere die Krefelder Basis kämpferisch und optimistisch. Es gibt aber auch andere Stimmen. Wir haben erste Reaktionen aus Krefelds Politik und Wirtschaft eingefangen.
Der hiesige SPD-Parteichef Ralph-Harry Klaer ist sich sicher, dass „Frau Merkel und Herr Seehofer diese Koalition anders erleben werden als die beiden vorangegangenen Koalitionen mit der SPD. Die SPD ist sich in den vergangenen Wochen bewusst geworden, dass sie ihr Profil schärfen muss. Die SPD wird streitbarer und härter auftreten, als in der Vergangenheit“. Andrea Nahles wünsche er sich als Fraktionsvorsitzende, „da sie die notwendige Streitfähigkeit aufbringen wird, um die Glaubwürdigkeit der SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit wieder herzustellen“. Er wünsche sich zudem Kevin Kühnert „mit größerem Einfluss in der SPD, da wir seine Meinung und seinen Elan bei der Erneuerung der SPD brauchen werden. Er hat seine Sache gut gemacht“.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws findet es „gut, dass die Hängepartie jetzt zu Ende ist“. Allerdings könne sie in der neuen Koalition aus Union und SPD, die ja jetzt deutlich kleiner ist als zuvor, leider kein Signal des Aufbruchs erkennen“. Leerstellen wie bei Klima und Verkehr, aber auch bei Pflege und „der unsäglichen Kinderarmut“ müssten aus dem Parlament heraus gefüllt werden. „Wir Grünen werden uns als Opposition dafür maximal engagieren.“
Krefelds CDU-Vorsitzender Marc Blondin setzt große Hoffnungen in die neue Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, der er zutraue, auch in Zeiten der GroKo „CDU pur“ zu verkörpern. „Ein Risiko, das man nicht ignorieren darf, besteht natürlich darin, dass sich all jene, die mit der Regierung unzufrieden sind, nach Alternativen jenseits der Volksparteien umsehen.“ Die Zerfaserung des Parteiensystems sei bereits in anderen europäischen Ländern zu beobachten. Und zum neuen Bundeskabinett: „Zwei der sechs von der CDU gestellten Bundesminister kommen aus Nordrhein-Westfalen. Das unterstreicht den gestärkten Einfluss unseres Landesverbandes. Ich hätte mich allerdings gefreut, wenn Hermann Gröhe sein Wirken hätte fortsetzen können.“
Da spricht er mit Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, der kurze Wege zu Gröhe pflegte. Aber: „Die regionale Wirtschaft freut sich auf eine stabile Regierung. Erfreulich ist die Schwerpunktsetzung im Bildungsbereich. Für die Betriebe in der Region ist die Bildungspolitik das wichtigste Themenfeld. Der Koalitionsvertrag schreibt Bildung groß und verspricht Investitionen in Ganztagsbetreuung, Schulen, Berufsschulen und Hochschulen.“ Dagegen bedauere seine Kammer den Verzicht auf eine Steuerreform. „Wichtige Wettbewerber wie die USA, China oder Frankreich setzen gerade auf Steuerentlastungen für Unternehmen. Für unsere Wirtschaft am Mittleren Niederrhein, die überdurchschnittlich stark im Exportgeschäft unterwegs ist — die Exportquote liegt bei 54 Prozent — ist dies ein Wettbewerbsnachteil.“
Chancen sieht Krefelds Grünen-Chef Karsten Ludwig in einer stabilen Regierung und hofft auf inhaltliche Erfolge, „um die AfD zu schwächen und Protestwählerinnen und -wähler, die den Glauben an inhaltliche Erfolge der Großen Koalition verloren haben, wieder in die demokratischen Parteien zu holen“. Als Risiken sehe er vor allem „vier Jahre Stillstand mit nur punktuellen Verbesserungen in wenigen Bereichen und das Aussitzen der großen Probleme wie den Klimawandel“. Ludwig ist gespannt, ob der konservative Kritiker Spahn sich an die Kabinettsdisziplin halten könne. Beim Gedanken an den neuen bayrischen Heimatminister Seehofer wisse Ludwig nicht, ob er lachen oder weinen solle.
Für Ex-SPD-Bundestagskandidatin Nicole Specker waren die Debatten in den vergangenen Wochen „eine Sternstunde der Sozialdemokratie und der Auftakt für einen Veränderungsprozess, der nun weitergeführt wird. Die Diskussionen, und mögen sie nach außen äußerst kontrovers und mitunter widersprüchlich erschienen sein, sind das Herz und der Pulsschlag einer lebendigen Partei.“
Andere Töne schlägt Krefelds Juso-Chefin Stella Rütten an: „Für einige von uns ist das Ergebnis eine Enttäuschung. Aber die SPD muss jetzt zusammenstehen und wir müssen alle den Schritt in die Regierung akzeptieren. Ich finde, dass man trotzdem die Flinte nicht ins Korn werfen darf. Wir Jusos werden der Regierung, insbesondere der CDU/CSU, ganz genau auf die Finger schauen und keine Rückschritte mehr durchgehen lassen.“
Für FDP-Routinier Otto Fricke wird „dieses Bündnis ein anderes sein, als das der letzten vier Jahre“. Spannend werde vor allem, „wie Union und SPD im Bundesrat agieren, wo sie für die wichtigsten Entscheidungen auf die Grünen angewiesen sind“. Für ihn persönlich werde es als Haushaltspolitiker nun vor allem darum gehen, „die guten Teile des Erbes von Wolfgang Schäuble, insbesondere natürlich die schwarze Null, gegen einen sozialdemokratischen Finanzminister zu verteidigen“.