Herr Preen, Sie werden zusätzlich zu Ihren Aufgaben als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der Grundstücksgesellschaft Wirtschaftsdezernent der Stadt Krefeld. Welche Schwerpunkte möchten Sie als Dezernent setzen?
Wirtschaft Preen: Wir brauchen neue Gewerbegebiete
Krefeld · Der Wirtschaftsdezernent spricht über seine Aufgaben im neuen Job und die Schwerpunkte, die er setzen möchte. Er will „Krefeld kann was“ weiterführen.
Eckart Preen: Mir ist es sehr wichtig, die Anliegen der Unternehmen regelmäßig in die Verwaltung hineinzubringen, und damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Wirtschaftsfreundlichkeit des Standortes Krefeld zu leisten. Nach der Philosophie der Wirtschaftsförderung sind von je her die hier ansässigen Unternehmen unsere wichtigsten Kunden. Bestandspflege hat klare Priorität vor Neuansiedlung und Gründerberatung. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht auch auf Neuansiedlungen schauen. Aber: Es bringt nicht allzu viel, drei neue Unternehmen anzusiedeln, wenn einem fünf in der gleichen Zeit verloren gehen. Am Ende des Tages zählt der Saldo aus Neuansiedlungen und Wegzügen, die es ja immer mal gibt.
Gerade in Corona-Zeiten stehen Unternehmen, Wirtschaft und Arbeitsmarkt verstärkt unter Druck. Wie können Sie als Wirtschaftsdezernent Unterstützung bieten?
Preen: Dank des Konjunkturpaketes werden Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Unternehmen vor Ort zu unterstützen. Das kann ich über die neue Funktion im Wirtschaftsdezernat leichter in enger Abstimmung mit dem Oberbürgermeister, auch dem Kämmerer tun. Das ist auch schon in den vergangenen Wochen geschehen. Ich habe mich mit dafür eingesetzt, Unternehmen in der Corona-Krise die Gewerbesteuer zu stunden oder die Vorauszahlungen herabzusetzen. Ich habe auch für den Erlass der Terrassengebühr für Gastronomiebetriebe plädiert. Als Teil des Verwaltungsvorstandes wird manches künftig noch einfacher sein, was gerade in der Nach-Corona-Zeit den hiesigen Unternehmen zugutekommen wird.
Welche Vorteile bietet nach Ihrer Einschätzung die Aufgabenhäufung bei Ihnen, und welche Nachteile sehen sie?
Preen: Nachteile könnten dann entstehen, wenn es mir nicht gelingt, meine Arbeit hinreichend gut zu strukturieren und teilweise zu delegieren. Aber genau vor dieser Aufgabe stehe ich natürlich. Das werde ich versuchen, bestmöglich zu tun. Ich habe hier bei der Wirtschaftsförderung seit vielen Jahren ein sehr starkes Team im Rücken. Die Zuständigkeit für bestimmte Themen heißt ja nicht, dass man alles höchstpersönlich selbst macht. Zu den Vorteilen: Ich sehe die Synergie. Was wäre die Alternative gewesen? Die Alternative wäre gewesen jemanden von außen zu holen, der sich dann einen eigenen Fachbereich Wirtschaft in der Verwaltung aufgebaut hätte. Da wären sie doch automatisch bei einem Kompetenzgerangel gewesen, in einem ständigen Abgleich von Zuständigkeiten. Jetzt ist vollkommen klar: Das Thema Wirtschaft wird durch die Wirtschaftsförderung weiterhin abgebildet mit ihren seit vielen Jahren gewachsenen Kontakten und Kompetenzen. Es wäre doch sträflich, das nicht zu nutzen.
Was muss Krefeld tun, um neue Firmen und Arbeitsplätze anzusiedeln?
Preen: Ganz oben steht das Thema Flächenverfügbarkeit. Sie können ja die tollsten Werbekampagnen machen, sich im Bereich der weichen Standortfaktoren gut aufstellen, wenn sie am Ende den Unternehmen keine konkreten Betriebsstätten anbieten können, ist alles vergebens. Wir brauchen neue Gewerbegebiete. Wir brauchen aber auch Objekte, die man im Zuge eines Brachflächenrecyclings zur Verfügung stellen kann. Beides schließt sich gegenseitig nicht aus. Es ist mir manchmal viel zu ideologisch, wie da argumentiert wird. Wir brauchen definitiv beides.
Wir initiieren gemeinsam mit der IHK gerade eine Brachflächenanalyse, wo wir sehr systematisch aufbereiten, was es in diesem Bereich in Krefeld derzeit gibt, an welche Eigentümer man herantreten muss und welche Angebote man machen kann. Da gehen wir ins Detail, es geht darum, kleine Flächen zu reaktivieren. Die großen sind sowieso bekannt. Dass wir mit Outokumpu schon sehr lange im Gespräch sind oder mit dem Eigentümer des Stahlwerks, der Essener Thelen Gruppe, das ist klar. Aber das alleine wird nicht ausreichen. Es ist vollkommen unrealistisch zu glauben, dass eine Stadt wie Krefeld mit 230 000 Einwohnern, 11,6 Prozent Arbeitslosenquote, Strukturwandel, allein über Brachflächen hinreichend viele Betriebsstandorte hat für die Ansiedlungspolitik. Die Flächen, das ist die Hardware.
Gebraucht werden auch weiche Faktoren, um Unternehmen zu überzeugen. Wo müsste Krefeld besser werden und mit welchen Pfunden kann die Stadt wuchern?
Preen: Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels müssen Unternehmen sich natürlich selbst attraktiv aufstellen. Auf der Standort-Ebene haben wir vor einigen Jahren eine Initiative ins Leben gerufen, die heißt „Krefeld kann was“, um die Stärken der Stadt ins Spiel zu bringen. Das sind die Sportangebote, die Kultur- und Freizeitangebote, die es auch in schwierigen Zeiten zu stärken, mindestens zu erhalten gilt. Die Monate der Corona-Krise haben auch gezeigt, dass Krefeld gerade beim Thema Grünflächen und Parks punkten kann. Daher muss man auch Gewerbeflächenpolitik mit Augenmaß betreiben. Es geht überhaupt nicht darum, dass ganze Stadtgebiet zuzupflastern. Dennoch: Man muss auch neue Wohngebiete schaffen.
Das heißt: Krefeld braucht sehr wohl neue Einfamilienhäuser-Gebiete? Die Grünen sehen das ja in ihrem Wahlprogramm anders.
Preen: Wenn wir hier Fachkräfte ansiedeln wollen, brauchen wir das gesamte Spektrum. Man kann nicht den Menschen sagen, wir bieten in Krefeld nur Geschosswohnungsbau und entweder passt Euch das oder zieht gefälligst woanders hin. Das kann es doch nicht sein. Wie soll ich das den Unternehmen dieser Stadt verkaufen? Wie soll ich „Krefeld kann was“ weiterführen, wenn ich sagen muss, „Krefeld kann was, aber leider keine Wohnflächen anbieten“. Das geht nicht. Solche ideologischen Scheuklappen darf sich eine Stadt nicht auferlegen. Ich wäre nicht vor 14 Jahren von Düsseldorf nach Krefeld gezogen, wenn ich hier nur Möglichkeiten im Geschosswohnungsbau gehabt hätte. Diese Zeit war Familienphase und das heißt Reihenhaus mit Garten.
Braucht Krefeld neue Gewerbegebiete, etwa das interkommunale Gebiet mit Meerbusch?
Preen: Neuansiedlungen sind wichtig und dazu ist es notwendig, dass man hinreichend viele Flächen zur Verfügung hat. Wir müssen uns für neue Gewerbeflächen in Krefeld einsetzen. Wir haben momentan weniger als 30 Hektar Flächen in Fichtenhain zur Verfügung und in dem anderen Gewerbegebiet, das jetzt an den Markt geht, in Den Ham, sind von 14 Hektar insgesamt schon mehr als 40 Prozent vorvermarktet gewesen. Unsere wesentlichen Zukunftsflächen sind das interkommunale Gewerbegebiet sowie das Gebiet südlich des Elfrather Sees, für deren Entwicklung ich mich auch weiterhin in meiner neuen Doppelfunktion einsetzen werde.
Wie ist der Stand in Sachen interkommunales Gewerbegebiet?
Preen: Ich bin guter Dinge, dass es ein Einvernehmen zwischen den beiden Kommunen geben wird. Es gibt gute Gespräche, die in diese Richtung laufen. Ich bin zuversichtlich, dass wir das noch in diesem Jahr weitertreiben können und dass das Thema im kommenden Jahr Fahrt aufnehmen wird. Mehr möchte ich dazu im Moment nicht sagen.
Ein weiteres wichtiges Projekt für die Stadt ist der neue Innovations- und Technologiecampus. Wann geht es richtig los?
Preen: Wir sind mit Landmarken, dem Projektentwickler, im Gespräch. Es ist aber klar, dass dies ein Projekt der Langfrist-Schiene ist. Bis zu zehn Jahre können es schon werden. Man wird modulartig vorgehen. Konkret beschäftigt uns derzeit das Planungsrecht.
In Krefeld gibt es viele gute Ideen und viele Projekte. Doch oft fehlt der erfolgreiche Abschluss. Vieles ist sehr lange in der Diskussion. Teilen Sie diesen Eindruck?
Preen: Der Eindruck drängt sich manchmal auf. Ich hoffe, künftig aus meiner neuen Funktion heraus mit darauf hinwirken zu können, dass dieser Eindruck sich in den nächsten Jahren etwas weniger aufdrängt.