Kultur 44 Paar Schuhe stehen für 40 Jahre Tam

Im Theater am Marienplatz ist die Gruppenausstellung der vielen Mitglieder zu sehen.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Das Theater am Marienplatz (Tam) konnte im September des vergangenen Jahres das 40. Jahr seines Bestehens feiern — und feierte natürlich nicht, wie es zum vom Theater gerne gepflegten Understatement passt. Inoffiziell hatte Hausherr Pit Therre jedoch alle erreichbaren ehemaligen und aktuellen Mitspieler, die sich selbst als „Tamilen“ bezeichnen, zur Saisoneröffnung eingeladen. Obendrein waren sie aufgefordert, Beiträge zu einer Gruppenausstellung zu liefern, die jetzt kurz vor Ende der Spielzeit auf neun Werkgruppen angewachsen ist.

Therre ist Zigarillo-Raucher und macht aus seiner Nikotinsucht in der Ausstellung keinen Hehl. Sicher über 200 gesammelte Packungen seiner bevorzugten Marke nutzt er als aufklappbare Miniaturbilderrahmen. Unter dem Titel „Primavera — prima vista“ zeigt er in den Schachteln vertikal angeordnete Diptychen. Dabei kombiniert er Zeitungsausrisse und stellt oft genug erheiternde, manchmal verblüffende, manchmal erhellende Zusammenhänge her.

44 Paar Schuhe umkreisen den Mittelpfosten des Werkraums im Erdgeschoss, in dem die Ausstellung stattfindet. Spitze Männerschuhe, Sandaletten, Pumps, Laufschuhe — auch ein Paar Babyschuhe ist dabei. Die abgelegten und teils sichtlich abgelaufenen Treter repräsentieren die Mitglieder des Tam-Ensembles, die „Tamilen“. (Nicht alle haben ihre Schuhe geschickt.)

Gerwin Kothen zeigt unter dem Titel „Mensch und Himmel“ großformatig ausgedruckte Comicgeschichten. In der Story „Gott ist groß“ trifft ein „Gott ist groß“ ausrufender Islamist, dem man die schlechten Absichten förmlich ansieht, auf seinen großen Gott, von dem nur die Beine und Füße ins Bild ragen. Die Begegnung verläuft sicher anders, als sie sich der Islamist vorgestellt haben könnte, mehr soll hier nicht verraten werden. 72 Jungfrauen geraten jedenfalls nicht ins Bild.

Was ist eine „Engelfe“, und was könnten „Fensterne“ sein? „Attentatsächlich“ weiß das bestimmt auch der „Einandermatologe“ nicht, vielleicht das „Sprungeheuer“? Unter dem Titel „Textursprung“ hat Uwe Jansen auf jeden Fall eigentümliche und manchmal auch eigentümlich schlau aussehende Wortneuschöpfungen in seinem Künstlerbuch versammelt. Da lohnt sich das Blättern.

Von Suchan Kinoshita, deren Produktion „Chinese Whisper/Téléphone arabe“, gerade im regulären Tam-Abendprogramm zu sehen ist, stehen ganze Bildstapel an der Wand. Die Ölzeichnungen auf Hartfaserplatte haben den Charakter von Grafiken stammen aus dem Jahr 1988 und entfalten einen eigentümlich spröden Reiz. Sie ergeben in der Zusammenschau vielleicht „einen Film“? So hat jedenfalls Therre das Konvolut der Münsteraner Kunstprofessorin genannt.

Zwei Gemälde von Jaap de Graaf, nicht ganz so originelle Fundstücke von Gereon Bründt, Materialcollagen von Tony Oxley unter dem Titel „Affinität“ und Fotos von Werner Meyer unter dem Titel „Extremitäten“ sind weitere Beiträge zur Ausstellung „40 Jahre Tam“, die zum eigenwilligen Charme des Hauses passt.