Antje Fricke: Theatermaus ist aus dem Haus
Im Theater nimmt Dramaturgie- Sekretätin nach 24 Jahren am 14. Dezember ihren Abschied.
Krefeld. Ein einziges Mal hätte sie beinahe selbst auf der Bühne gestanden - als Bämel, das Schaf. Eine Figur in Jerome Savarys Stück "Vom dicken Schwein, das dünn werden wollte". In der Erinnerung daran tritt Antje Fricke - plötzlich und natürlich ganz theatralisch - beinahe eine Träne ins Auge. Aber, das Schicksal wollte es so, der Mensch, den sie da vertreten sollte, wurde ganz plötzlich wieder gesund. Aus war es mit der Theaterkarriere.
Trotzdem: Antje Fricke hat in ihrem Leben genug Theaterluft geatmet. Die Dramaturgie-Sekretärin im hiesigen Stadttheater nimmt nach fast 24 Jahren Dienst unter vier Intendanten und mit 52 Dramaturgen am Freitag, 14. Dezember, Abschied: "Es gibt auch ein Leben außerhalb des Theaters." Im Gespräch mit der WZ betont sie: "Ich habe diesen Beruf geliebt. Und ich werde natürlich nicht vom Theater lassen." Sie wird weiter keine Inszenierung verpassen: "Ich muss doch nachsehen, ob noch alles richtig gemacht wird."
Antje Fricke, von vielen auch die "Theatermaus" genannt, weil sie mit ihrer Größe von 1,54 Metern ihr großes Archiv unter dem Dachboden (über dem Intendanten) aufrecht durchschreiten kann, hat in ihrer Zeit 120 und mehr Jahre Theatergeschichte gehegt und gepflegt. Unzählige Mappen hat sie mit Rezensionen, Fotos, Spielplänen, Programmzetteln gefüllt. Hat aus dieser Überfülle heraus auch vielen helfen können. Natürlich zuerst ihren Dramaturgen, auswärtigen Theaterleuten, den Journalisten, die mit abenteuerlichen Sonderwünschen kamen, Studenten und Universitäten. Vor allem hat sie sich gefreut, dass sie jener Holländerin helfen konnte, die auf der Suche nach ihrem Vater, einem Schauspieler, an sie geriet.
Auf die quirlige kleine Dame prasselten auch immer wieder die oft sehr harschen Beschwerden von Besuchern herab. Gleichbleibend freundlich, fast bis zur Selbstaufgabe, stand sie Rede und Antwort. Hinzu kamen immer auch die Abenddienste, speziell vor Premieren (natürlich auch in Mönchengladbach). Damit hat es nun ein Ende.
Antje Fricke, 1944 in Brieg bei Breslau geboren, kam schon als Kind nach Berlin. Im dortigen Schillertheater hat sie in den vielen Jahren keine Premiere versäumt, hat oft ganz oben und hinten gestanden und gefiebert und dieses ihr Lebenselixier genossen. Dem Theater verdankt sie viele schöne Dinge: "Und die schlechten habe ich tief in meinem Herzen verschlossen." Wunderbar war die Oper "Das Frauenorchester von Auschwitz", deren Inszenierung sie mit der beeindruckenden Zeitzeugin Anita Lasker-Walfisch verbindet. Und damals dieser "Ring" von John Dew: "Das war ganz großes Theater."
Antje Frickes Leben gerät nun aus der Welt der hohen Emotionen, Leidenschaften und Gefühle ins ruhigere Fahrwasser. Darauf freut sie sich auch.