Architekturtage: Die Kunst, Häuser für Sammler zu bauen

Mies van der Rohe schaffte es mit seinen Entwürfen, weit über das Wohnen hinauszublicken. Das ist einzigartig.

Krefeld. Die Häuser, die Ludwig Mies van der Rohe baute, waren oft nicht allein zum Wohnen, sondern auch zum Präsentieren privater Kunstsammlungen gedacht. Bestes Beispiel dafür sind die Häuser Lange und Esters. So ist das Thema „Mies und die Kunst“, mit dem die 7. Architekturtage „Mehr Mies“ sich beschäftigt haben, besonders eng mit den Krefelder Villen verknüpft.

Mit einem informativen und lebendig gestalteten Vortrag hat der Berliner Kunsthistoriker Jan Maruhn zum Thema „Mies van der Rohe — von der Kunst, Häuser für Sammler zu bauen“ gesprochen. „Er war der einzige Architekt der klassischen Moderne, der sich damit beschäftigt hat“, stellte Maruhn fest und präsentierte acht Entwürfe aus der europäischen Werkphase. Zu den frühen Beispielen zählen das 1912 entworfene Haus Perls in Berlin, bei dem Mies noch eine dem Klassizismus verpflichtete Formensprache wählt.

Der Bauherr war ein wohlhabender Anwalt und Kunstsammler. „Dementsprechend war das Haus mit Kunst angefüllt“, sagte Maruhn. Dass man in dem im großbürgerlich-eleganten Stil eingerichteten Wohnräumen moderne Kunst präsentierte, sei damals selbstverständlich gewesen. Erst für einen späteren Besitzer des Hauses Perl plante Mies 1928 einen Anbau für eine große Kunstsammlung.

Auch bei den Häusern Esters und Lange kann man laut Maruhn beobachten, wie bürgerliche Wohnkultur mit Kunstpräsentation verbunden wird. So zeigen alte Fotos von dem als Halle bezeichneten Wohnraum in Haus Lange zahlreiche moderne Bilder und Skulpturen. „Nicht zufällig ist dieser Raum nach Norden ausgerichtet, eben der Kunst zuliebe“, betonte Maruhn.

Ein Schwachpunkt sei nur die Beleuchtung gewesen. „Die von Mies entworfenen Deckenlampen sind schön, aber geben ein diffuses Licht. Diesen Aspekt hat der Architekt völlig vernachlässigt.“

Nur einmal hat Mies bezüglich der Einrichtung über seine Bauherren den Sieg davon getragen. Im Haus Tugendhat (Brünn) bestimmte er jedes Detail. Dazu gehört auch eine Skulptur von Wilhelm Lehmbruck, die an einem ganz bestimmten Platz aufgestellt werden musste. „Alles ist um diese Skulptur herum komponiert“, erläuterte Maruhn.

Dass Mies sehr häufig figürliche Skulpturen in seine Bauten integrierte, ist auffällig. Ein weiterer Vortrag an diesem Abend widmet sich diesem ebenfalls spannenden Thema. Ursel Berger, langjährige Leiterin des Berliner Georg-Kolbe-Museums, beleuchtet Mies Beziehung zu Bildhauern. Neben Lehmbruck, mit dem er eng befreundet war, schätzte Mies auch den Bildhauer Georg Kolbe sehr.

Dessen Bronze-Skulptur „Der Morgen“ hat im berühmten Barcelona-Pavillon einen besonderen Platz gefunden. Der zwei Meter hohe und in sich verdrehte Frauenkörper bildet einen perfekten Kontrast zu der in die Breite gezogenen, klar strukturierten Architektur.

„Mies plädiert stets für die Autonomie seiner Arbeit“, sagte Ursel Berger. Die figürliche Skulptur stelle für ihn auch eine Verbindung zu den Menschen her, die in den von ihm geschaffenen Räumen leben sollen.