Ausstellung Brigitte Cauquil – Kitsch oder nicht Kitsch, das ist hier die Frage

Krefeld · Die Arbeiten der Krefelder Malerein sind durchaus dekorativ. Doch ihre Werke haben eine überraschende Qualität, die sich von der Masse dieser Art von Produkten abhebt. Sie stellt bis zum 22. März im GKK-Kunst-Spektrum aus.

Brigitte Cauquil vor ihren Arbeiten im Kunst-Spektrum der GKK .

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Es gibt dekorative Malerei – nicht selten ideal geeignet und dafür geschaffen in schicken Büros oder über Sofas zu hängen – wie Sand am Meer. Oft von Autodidakten geschaffen, die irgendwann in ihrem Leben entdeckt haben, dass sie eine Schwäche für Malerei haben und vielleicht alsbald merkten, dass sich ihre Produkte doch ganz gut verkaufen lassen. Immer wieder bedienen sich diese Kreativen – sie sind mehr Kunsthandwerker als Künstler – ungeniert im großen Fundus der Kunstgeschichte und nutzen einzelne Techniken, die sie sich auf diese oder jene Weise angeeignet haben, um möglichst ansprechende, moderne, idealerweise niemanden wirklich störende Malerei zu schaffen.

Das ist durchaus legitim, doch mit dem aktuellen Kunstdiskurs, mit Kunst im eigentlichen Sinne hat es nur eher seltener etwas zu tun; würde einem, wenn man das zur Sprache bringt, auch eine große Welle der Empörung entgegenschlagen. Und sowieso ist das alles noch komplizierter.

Aber es gibt positive Ausnahmen, die so erfrischend sind, dass man sie gerne beleuchtet. Sind die Vorzeichen bei Brigitte Cauquil auf den ersten Blick auch ähnliche wie bei der Vielzahl an mediokren „Kunstmalern“, die sich in der von der eigentlichen wahrhaften Kunstszene parallel abgespaltenen Welt der dekorativen Malerei tummeln. Die 1952 in Düsseldorf geborene Krefelderin fand erst spät – 2011– zur Malerei, ist Autodidaktin, und ihre Kunst, die sie explizit auf ihrer Website im Kontext von Wohnambientes zeigt, ist dekorativ.

Sich ein eigenes Bild von Cauquils Malerei kann man sich nun in den Räumen der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) machen. Unter dem leider etwas unspezifischen Titel „Glatt und Rau – Malerei mit Strukturen“ sind ihre Arbeiten noch bis zum 22. März im Kunst-Spektrum (St.-Anton-Straße 90) zu sehen. Und gewährt man sich einen Blick auf diese Malerei, so erwartet einen eine durchaus positive Überraschung.

Cauquil ist seit 2013 freischaffende Künstlerin, war zuvor Sekretärin und hat für sich, ganz authentisch und ohne viel Nachdenken über die Wurzellinien in die Kunstgeschichte, eine Technik, eine Methode, einen Stil gefunden, den sie konsequent verfolgt. Und deren Produkte so ganz und gar nicht bloß in die zwielichtige Ecke der „dekorativen“ Malerei zu passen scheinen.

Cauquils Malerei ist von Mauern und Wänden inspiriert

Mithilfe von Marmormehl gestaltet sie strukturierte Flächen auf Leinwand, die sie mittels Acrylfarben, Naturpigmenten, manchmal auch Asphalt oder Schellack zu herausragend ästhetisch anmutenden Werken gestaltet. Malerei, die einem auf sonderbare Weise bekannt vorkommt, da sie viele Bezüge in die Kunst des 20. Jahrhunderts mittelbar in sich trägt – aber auf so schöne unschuldige Weise. Zeitgleich Malerei, die aber wahrhaftig und kunstvoll wirkt. Weil sie nicht nur handwerklich gekonnt gemacht ist, sondern auch einen ästhetischen Impuls transportiert, der über das rein Dekorative hinauszugehen scheint. Dabei spielt das Erzeugen einer Patina, einer Rohheit und Aufgebrochenheit eine zentrale Rolle. Inspiration hierzu bieten Brigitte Cauquil verwitternde, rustikale, bisweilen durch den Zahn der Zeit abgenagte Mauern und Wände, die sie in Frankreich aufspürt – „Mur Patiné“. Brüche in den Wänden, die wie Narben einer durch Geschichte gebrochenen Zeit wirken, sind bisweilen durch Nähte zusammengeflickt. Doch diese Nähte sind eigentlich stenografische Zeichen, die einen persönlichen Bezug zu der Lebensgeschichte der Künstlerin darstellen.

Bei den minimalistischen, durch Brüche und Schichtungen durchfurchten Farbflächen ist Brigitte Cauquil ganz bei sich – hier spricht etwas Beachtliches aus ihrer Malerei. Und was macht diese Qualität aus? Ein wohl intuitives Gespür für harmonische, zugleich in sich – und das ist sehr positiv – brüchige Kompositionen. Ein Gespür für Farbarrangements und Mischungen, die, woher sie auch kommen mögen, eine gewisse Tiefe haben. Eine Tiefe, die den Betrachter in die Bilder hineinzieht, zum Nachsinnen anregt. Viele ihrer Bilder sprechen, und was muss Kunst mehr tun? Gewiss, dekorativ sind sie bei alledem immer noch.

Es gibt viel ähnliche Malerei auf dem Markt, oft mit ähnlichen Techniken – aber Cauquils Werke heben sich ab. Bei all ihrer unschuldigen Bescheidenheit; und das macht sie so sympathisch. Man kann der Malerin nur wünschen, dass sie ihrer authentischen Linie treu bleibt. Kitsch ist das, was sie macht, gerade weil es so authentisch ist, nicht!