Caco - ein Clown wird langsam weise

Musiker, Maler, Bürgerschreck: Das Gesamtkunstwerk Caco wird am Montag 65 Jahre alt.

Krefeld. Caco nackt, Caco am Seil wie an einer Liane, Caco mit Farbe beschmiert oder Caco im Matsch: Caco performt. Oder so: Bei einem Konzert, einer Lesung ist alles wie immer, aber dann brüllt Caco irgendeinen Satz in eine Pause hinein, und minutenlang ist es nur noch seine Show: Caco, der Störenfried. Als die Kinder des bürgerlichen Krefeld in den 1970er und 1980er Jahren die alternative Kultur entdeckten, da hatte Caco als unberechenbarer Dada-Clown seine große Zeit. Am Montag wird er 65.

Caco ist ein kölscher Jung, ausgerechnet am 11.11. im Nachkriegs-Köln des Jahres 1948 geboren. Doch Frohsinn wird ihm nicht in die Wiege gelegt. Der Mann seiner Mutter kommt aus dem Krieg zurück und kann den Jungen, der nicht sein Sohn ist, nicht akzeptieren. Karl-Heinz Ramacher, wie Caco mit bürgerlichem Namen heißt, wächst in katholischen Heimen auf: „Missbraucht wurde ich nicht, aber misshandelt.“ Kleinigkeiten reichten aus, dann gab’s Schläge.

„Ich war wibbelig“, sagt Caco. „Und den Nonnen konnte ich’s einfach nicht recht machen.“ Mit 14 Jahren folgen der Wechsel vom Kinder- ins Erziehungsheim und der Umzug an den Niederrhein. „Erzogen“ wird Caco in Süchteln. Im benachbarten Oedt macht er seine Ausbildung zum Polsterer, Sattler, Dekorateur: „Der Meister war geduldig.“

Es folgen Gesellenjahre in Köln, dann macht der 21-Jährige erste Drogenerfahrungen. Die schubsen ihn aus der bürgerlichen Lebensplanung, die seine Sache eh nicht war. Gemalt und geschrieben hat er schon früher, 1970 schließt er sich dem Jupp-van-de-Flupp-Orchester an.

Die schräge Musiktruppe, die mit Putzeimern, Staubsaugern und Bohrmaschinen Klangbilder erzeugt, wohnt als Kommune in Nettetal und zieht 1972 nach Krefeld. „Wir haben auf intellektuell gemacht.“ So erklärt sich Caco den Erfolg, der das Kollektiv mit seinem „Sound der Endzeit“ von Krefeld aus durch die ganze Republik bringt, von Hamburg bis nach Ingolstadt: „Wir waren viel auf der Autobahn, lebten viel in Kommunen.“

„Beuys ist mein Chef“, sagt Caco über den Mann, der ihn am meisten beeinflusst hat. Nachdem Joseph Beuys von NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rau als Professor der Kunstakademie Düsseldorf 1972 gekündigt worden war, gründete der Kunststar seine Freie Internationale Universität. „Da bin ich oft gewesen“, erzählt Caco.

In einer Hinterhofhalle an der Roßstraße hat von 1979 bis 1983 die Fluxus-Zone ihren Ort. Mit dem Namen lehnte man sich an die Kunstrichtung an. Caco gehört natürlich zu den Betreibern. Es gibt experimentelle Filme, Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, multimediale Performances. In der Fluxus-Nische ist Krefeld auf der Höhe der Zeit, trotz der Haschisch-Nebel, die schon mal die Sicht einschränken. Auch die Kulturfabrik stößt Caco 1983 mit an.

„Es war eine sehr unangenehme Zeit“, sagt er über die dunkelste Periode in seinem Leben. Alle möglichen Drogen hat er immer schon konsumiert. In Kombination mit Alkohol werfen sie ihn in den 1990er Jahren aus der Bahn. Mit Hilfe mehrerer Therapien hat er sich aus diesem Sumpf befreit. „Ich bin seit sieben Jahren clean“, sagt er heute. Unter anderem habe er gelernt, „nicht mehr so ungeduldig mit den Spießern zu sein“.

Als im Januar 2007 der Sturm Kyrill in Krefeld riesigen Schaden im Baumbestand anrichtet, wird Caco zum Umweltaktivisten. In Anlehnung an Beuys ruft er die Aktion „3333 Bäume für Krefeld“ ins Leben. Gut 850 Bäume wurden bisher eingesetzt. Dafür erhält er 2009 das Stadtsiegel — und gibt es 2011 wieder zurück, aus Protest gegen eine städtische Baumfällaktion.

Im Sommer ist Cacos Archiv als Vorlass im Stadtarchiv eingelagert worden. Der einstige Bürgerschreck gehört nun unumstößlich zur Stadtgeschichte. Und seinen Geburtstag feiert er am 11. November nicht im Hinterhof, sondern im Stadttheater.

„Ich habe immer am Minimum gelebt, aber mir hat nie etwas gefehlt“, ist sein schon fast demütiges Fazit — aber für Überraschungen bleibt er gut. „Im Jahr 2015 werde ich für den Oberbürgermeisterposten kandidieren“, kündigt er an. „Die paar Stimmen, um mich als Kandidat aufstellen zu lassen, kriege ich locker zusammen.“