Das Pfeifen im Dampfkessel
„Zar und Zimmermann“ ist eine musikalisch famose Oper – und eine politische Fundgrube.
Krefeld. Auch eine Komische Oper kann politisch brisant sein. Albert Lortzing musste das bei "Zar und Zimmermann" am eigenen Leibe erfahren. Weil er den tölpelhaften Bürgermeister van Bett im Jahr 1837 nach dem Vorbild des Leipziger Chefzensors gestaltete, landete der Komponist drei Tage im Gefängnis. Wer die Texte der Spieloper heute genau liest, atmet förmlich den Duft eines Deutschland kurz vor der Revolution.
Diesem Geist der jungen Demokratie spürt Michael Sturm in seiner Inszenierung nach, die am Sonntag Premiere am Stadttheater feiert. Aus dem 17. Jahrhundert hat der Regisseur die Handlung in Lortzings Zeit verlegt und rät dem Publikum genau hinzuhören: "Da fallen Begriffe wie Gewalt und Widerstand. Der Deckel des Dampfkessels ließ sich noch herunterdrücken, aber das Pfeifen hörte man trotzdem." Wie es sich unter solchen Bedingungen arbeiten lässt, hat Sturm selbst in der ehemaligen DDR erlebt.
Stefan Rieckhoff hat die Bühne passend dazu als Biedermeier-Zimmer gestaltet, in dem sich Zar Peter (Michael Kupfer) und sein fahnenflüchtiger Namensvetter Iwanow (Markus Heinrich) dem Schiffsbau widmen. Die Kostüme gehören zur gleichen Epoche, sie wirken fremd und skurril. "Und sie erzählen viel über die damalige Gesellschaft", erklärt Dramaturgin Ulrike Aistleitner.
Dass aus der turbulenten Verwechslungskomödie kein sperriges Polit-Drama wird, dafür sorgt schon die Musik. "Lortzing ist ein Handwerker ohnegleichen", sagt der Musikalische Leiter Kenneth Duryea. "Man muss die Noten nur so spielen, wie er sie geschrieben hat. Es ist alles da." Inklusive regelrechter "Schlager", etwa das berühmte Lied des Zaren oder der Holzschuhtanz, den der Chor nach einer Choreografie von Luis Lay selbst aufs Parkett bringen wird. "Im Ernst: Wir meinen es heiter", verspricht Sturm.