Mondlicht und Magnolien in der Fabrik Heeder Das Publikum feiert drei wunderbare Charakterstudien
Hutchinsons „Mondlicht und Magnolien“ in der Regie von Franziska Marie Gramss hatte in der Fabrik Heeder Premiere.
Krefeld. Gestoppte Dreharbeiten, ein gefeuerter Regisseur und ein unbrauchbares Drehbuch. Was für ein Stoff für einen Film, wäre es im Hollywood der späten 1930er Jahre nicht bittere Realität gewesen. Keinen Film, aber ein Theaterstück hat Ron Hutchison aus den Turbulenzen rund um die Dreharbeiten des Klassikers „Vom Winde verweht“ gemacht. Als Komödie mit skurrilem Einschlag feierte „Mondlicht und Magnolien“ jetzt in der Fabrik Heeder Premiere.
Ein raumhoher, silbrig glitzernder Vorhang verhüllt zu Beginn die Welt, in der es alles andere als glamourös zugeht. In einem altmodischen Arbeitszimmer mit erhöhtem Schreibtisch, Plastikpalmen und anderem Nippes prallen zwei Künstlerpersönlichkeiten aufeinander. David O. Selznick (Paul Steinbach), der große, unter einem enormen Druck stehende Produzent, und der eigenwillige, etwas glatt wirkende Drehbuchautor Ben Hecht (Adrian Linke). „Sie haben es nicht gelesen?“ steht als drohende Frage im Raum. Selznick versteht nicht, dass Hecht die „größte Sensation seit Erfindung des Buchdrucks“, nämlich Margret Mitchells tausend Seiten-Schmöker „Vom Winde verweht“, nicht gelesen hat. Denn Hecht ist engagiert, innerhalb einer Woche ein neues Drehbuch zu schreiben. Die Zeit drängt, da die Dreharbeiten unterbrochen sind und jeder unproduktive Tag enorme Geldverluste bedeutet.
Für Selznick steht alles auf dem Spiel, so dass er zu einer drastischen Maßnahme greift. Gemeinsam mit Hecht und dem neu engagierten Regisseur Viktor Fleming (Christopher Wintgens) schließt er sich in seinem Büro ein, um innerhalb von fünf Tagen ein neues Drehbuch zu schaffen. Diese Extremsituation bietet viel theatralischen Stoff. Die verworrene Filmhandlung wird improvisiert nachgespielt, es wird bis zur Erschöpfung gearbeitet.
Dabei prallen die drei exzentrischen Charaktere immer wieder auf einander und ringen um unterschiedliche Kunstauffassungen. Fleming schweben große Bilder vor, Selznick will sich eng an die Vorlage halten, Hecht fordert mehr Mut und künstlerische Freiheit. So wird um die Darstellung einer schwarzen Dienerin ebenso gestritten wie um die Frage, ob es nicht entgegen dem Roman doch noch ein Happy-End geben kann. Die jüdische Herkunft von Selznick und Hecht vermittelt auch ein Stück Zeitgeschichte.
Dass das alles nicht aus der Balance gerät oder zu schablonenhaft wird, ist der Regisseurin Franziska Marie Gramss zu verdanken. Mit rhythmischer Musik, plötzlichem Stimmungswechsel, so wie den karikaturhaften Masken der Darsteller setzt sie immer wieder Zäsuren, die das Schräge und Irrwitzige des Stücks betonen. Das Ergebnis ihrer differenzierten Personenregie sind drei wunderbare Charakterstudien, mit denen das Männertrio, allen voran Paul Steinbach als gehetzter und despotischer Produzent, den Abend trägt.
Ein Zacken zu viel in diesem Gefüge sind die Einsätze von Eva Spott als skurrile Ballettelfe vor dem Glitzervorhang. Das Publikum feierte Darsteller und Regieteam mit begeistertem Applaus.