Die Spuren des Unbekannten
Die Künstlerin Annette Baltzer hat ihren Vater nie getroffen. Mit eindrucksvollen Bildern versucht sie nun eine Annäherung.
Krefeld. Annette Baltzer hat ihren Vater nie getroffen. Ihm, dem Unbekannten, der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs fiel, nähert sich die Krefelder Künstlerin nun mit ihren Bildern. Gleichzeitig hat Baltzer sich intensiv mit jüdischen Friedhöfen beschäftigt. Diesen beiden "Leerstellen", wie sie es selbst bezeichnet, ist die Ausstellung "Vergangen - Gegenwärtig" gewidmet, die bei der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) zu sehen ist.
Die Friedhöfe mit ihren verwitterten Steinen und der sich frei entfaltenden Natur haben eine eigene Atmosphäre. Hier schwingt nicht nur die Melancholie der Vergangenheit mit, hier ist das schmerzliche Bewusstsein der sinnlosen Vernichtung jüdischen Lebens und jüdischer Kultur allgegenwärtig.
In ihren Bildern und Zeichnungen zeigt Annette Baltzer die stille Schönheit der schiefen Steine, das üppige Grün und die Farbe der Baumstämme, die denen der Steine manchmal täuschend ähnlich ist.
Mit den Inschriften, dem Davidstern oder einem nach jüdischer Sitte niedergelegten Stein zeigt sie auch die Tradition, die lebendig geblieben ist. Bilder von Bahngleisen, die ins Nichts führen, sprechen wiederum das Thema Vernichtung auf eine stille, sehr einprägsame Weise an.
Ähnlich sensibel thematisiert die Künstlerin ihren Vater. Wenige kleine Fotos, Briefe und ein Tagebuch sind ihr geblieben. Daraus entstanden sind Bilder, die den Vater in unterschiedlichen Situationen und Stimmungen zeigen. Meist sind es Kohlezeichnungen, die an das Schwarz-Weiß der Fotografien anknüpfen. Eines der Bilder zeigt das unvollständig gezeichnete Gesicht des Vaters.
Es ist das erste aus der Serie, dort wird vielleicht am Eindrucksvollsten sichtbar, das sich die Leerstelle nie ganz füllen wird. Bei aller Annäherung bleibt am Ende etwas offen. Auch die Grabsteine geben nicht jedes Geheimnis preis. Doch die Faszination, die davon ausgeht, überdauert alles.
GKK, St. Anton-Straße 90, bis 30. August, mo. und do. 16 bis 20 Uhr, sa. 11 bis 14 Uhr