Die Welt ist gut, Weihnachten kann kommen

„Hinter verzauberten Fenstern“ erobert mit viel Witz und Fantasie die Bühne.

Krefeld. Wer Cornelia Funkes populäre Fantasiewelten auf die Bühne bringt, hat den Harry-Potter-Bonus. Namen aus Bestsellerlisten ziehen immer, und ein gesunder Hype ist von einem Medium aufs andere übertragbar. Insofern ist es nur logisch, dass die 64 Aufführungen, die "Hinter verzauberten Fenstern" bis Weihnachten erleben soll, allesamt ausverkauft sind. Rein rechnerisch entspricht das gut 15 000 Tickets.

An diesem vorprogrammierten Erfolg ist nichts Verwerfliches: Chefdramaturgin Vera Ring hat mit ihrer angeblichen "Nur so aus Spaß"-Dramatisierung von Funkes Adventsgeschichte gutes Gespür bewiesen. Und das wirklich Schöne ist: Kinder, Eltern, Lehrer und einfach jeder, der ein Herz für lebendiges Theater hat, wird das TaZ mit einem zufriedenen Lächeln verlassen.

Das galt bei der gestrigen Uraufführung vor allem für die ganz jungen Zuschauer, von denen einer schon in der Pause freudig zugab, "noch nie so tolles Kino" erlebt zu haben. Am Ende dann trommelten rund 500 kleine Füße, bis der provisorische Tribünenboden wackelte.

Solch kindliche Begeisterung ist ungefiltert und unverfälscht: Schon während der Vorstellung äußert sie sich in Kichern und Kieksen, Jubeln und Johlen, vor allem aber: in gebanntem Zuhören mit offenem Mund - das wahrscheinlich größte Kompliment für Kindertheatermacher.

Mit erfrischendem Kleinmädchen-Charme, aber ohne jede Anbiederung, zieht Hauptdarstellerin Marie Kienecker ihr anspruchsvolles Publikum in die Geschichte. Als kleine Julia bekommt sie einen Adventskalender geschenkt, und zwar keinen leckeren aus Schokolade, sondern einen doofen, langweiligen aus Pappe. Der kleine Bruder Olli (Thomas Kellner), mit Slapstick und Frechheiten sofort absoluter Liebling der Kinder, feixt.

Doch denkste: Julia hat den besten aller Adventskalender. Seine Türen führen in ein Zauberreich, in dem sie Riesen und Elfen begegnet, einem müden Heinzelmann und einem zerstreuten König. Am Ende befreit sie sogar einen echten Prinzen aus einer Schokoburg - und Bösewicht Leo (schön schleimig: Bastian Thurner) bekommt seine gerechte Strafe. Die Welt ist wieder gut, Weihnachten kann kommen.

Die Parallelwelten, in denen Funkes actionreiches Märchen spielt, sind komplex, sie stellen hohe Anforderungen an Theatermacher. Mit scheinbarer Leichtigkeit erfüllen Ausstatter Sven Hansen und Regisseur Dietrich Trapp diese Aufgabe: In der Mitte ihrer Bühne dreht sich ein Zauberwürfel, der magisch die Kulissen wechselt.

Im Zentrum dient ein Fenster als Tor zwischen den Welten, eine genial einfache Idee, die sich kinderleicht erschließt. In dieser Umsetzung, so fantasievoll und dynamisch, wirkt "Hinter verzauberten Fenstern", als sei es immer ein Bühnenstück gewesen. Großes Kinderkino im Theater.