Ein Daheimgebliebener erforscht seine Familie
Eduard Loers schenkt dem Archiv ein Dokument über die Krefelder Auswanderer.
Krefeld. Vor 325 Jahren, am 1. Oktober 1683, rief eine Matrose des Segelschiffs "Concord" nach 49-tägiger Seereise über den Atlantik: "Land in Sicht!" Fünf Tage später landete das Boot mit 13 Krefelder Familien an Bord am Fluss Delaware. Unter den Reisenden war Johann Lucken, der das Städtchen Germantown mitgründete, heute ein Teil von Philadelphia.
Der Krefelder Textilingenieur und Mennonit Eduard Loers (65) weiß seit einigen Jahren, dass er ein Nachfahre Luckens ist, und betreibt eifrig Familienforschung. "Meine Tante Jettchen hat immer von den Verwandten in Amerika erzählt, auch davon, dass die Familie mal Geld gesammelt hat, um einen hinzuschicken. Der sei aber nicht wiedergekommen."
Frucht seiner Forschungen ist ein amerikanisches Grundstücksdokument aus dem Jahr 1772, das einen Lucken als Unterzeichner ausweist. Loers erhielt es von Cindy Lucken aus den USA, die er als Cousine ausmachte. Jetzt schenkt er das Papier dem Stadtarchiv. "Das ist für uns ein zentrales Dokument, das über den Verbleib der Krefelder Auswanderer informiert", erklärt Archivdirektor Paul-Günter Schulte.
Loers brachte auch eine im Jahr 1989 von Jill Wood in Baltimore herausgegebene Genealogie der Lucken-Nachkommenschaft mit, die inzwischen rund eine Million Menschen zählt. Ein Teil der mennonitischen Familie, die aus Rheydt, Dahlen und Wickrath stammte, war nämlich im alten Europa geblieben, wo durch Heirat die Loers-Linie entstand.
Eduard Loers bedauert, dass in Krefeld der 325-jährigen Auswanderung der ersten deutschen Gruppe nach Amerika nicht so würdig gedacht wird wie in Philadelphia. Dort stellt die German Society of Pennsylvania zum offiziellen "German American Day" ein sechstägiges Programm auf die Beine, mit Vorträgen, Treffen, Oktoberfest und Empfang.
Das Krefelder Rathaus ist dort nicht offiziell vertreten. Oberbürgermeister Gregor Kathstede war schon im Februar im Gefolge von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers da und wollte nicht ein zweites Mal reisen. Wohl aber ist mit dem Kresch-Theater und seinem Stück "Amerika gibt es oder gibt es nicht" ein Stück Krefelder Kultur vertreten. Auch der Bundestagsabgeordnete Bernd Scheelen (SPD) ist da und hält am Sonntag in Philadelphia eine Rede.
Archivdirektor Schulte hat sich derweil aus dem Mennonitenarchiv eine kleine Bibel aus dem Jahr 1715 besorgt. In deren handschriftlichem Eintrag heißt es, vielleicht in Anspielung auf die Loers: "Einer blieb zurück."