Neues Angebot Online-Portal für Stolpersteine geht an den Start
Krefeld · Infos und Orte aller 174 Stolpersteine, die bislang in Krefeld verlegt wurden, können dort abgerufen werden.
Sie mögen unscheinbar sein und doch fällt ihre glänzende Oberfläche schnell ins Auge. Wer zu Fuß unterwegs ist, hat sie mit Sicherheit schon bemerkt und ist vielleicht auch schon einmal stehen geblieben, um sich die Inschrift genauer anzusehen. Ein Name, ein Geburtsjahr und ein Hinweis auf das weitere Schicksal, der meist mit „deportiert“ beginnt und mit „ermordet“ endet, soll auf den glänzenden Stolpersteinen an die Verfolgten des NS-Regimes erinnern. Doch welche Geschichten hinter diesen Namen stecken, das erfährt der Finder der Steine meist nicht – und doch gibt es sie. Im neuen Online-Portal, das die NS-Dokumentationsstelle gemeinsam mit dem Fachbereich Vermessungs- und Katasterwesen an den Start gebracht haben, lassen sich diese Informationen schnell und unkompliziert abrufen.
2006 wird der erste
Stein in Krefeld verlegt
Der erste Stein in Krefeld wurde im Dezember 2006 verlegt. Mittlerweile sind es 174 – weitere sind in Planung. „Wir hatten uns gefragt, ob es irgendwo eine Übersicht gibt, wo alle verzeichnet sind“, sagt Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld. Zwar habe es bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia eine Übersicht gegeben, allerdings keine Karte und keine Möglichkeit, schnell die Orte der Stolpersteine zu überblicken. Deshalb habe man sich mit dem Fachbereich Vermessungs- und Katasterwesen zusammengetan. Das ist nun anderthalb Jahre her.
Auf Grundlage des Geoportals Niederrhein, in dem auch schon vorher Straßenkarten von Krefeld und anderen Städten abrufbar waren, wurde nun eine Datenbank eingepflegt, die Infos zu jedem Stolperstein enthält und außerdem verschiedene Filter- und Recherchemöglichkeiten bereithält. Ruft man die Seite geoportal-niederrhein.de/krefeld/stolpersteine auf, werden zuerst einmal alle Standorte mit einem blau ausgefüllten Kästchen angezeigt. In hellerem Blau mit diagonalem Strich sind die gekennzeichnet, die noch nicht verlegt, aber bereits geplant sind. Ein Klick auf das Kästchen öffnet eine Übersicht – mit Namen, Opfergruppe, Geburtstag, Deportationsort und -datum und Tag der Steinverlegung. Außerdem ist dort ein Foto des Stolpersteins zu sehen, der Wikipedia-Eintrag und eine Biografie, die Mitarbeiter der Villa Merländer verfasst haben, sind durch einen Link zu erreichen.
Doch die blauen Punkte lassen sich auch noch weiter filtern. In ein Suchfeld können Straßennamen oder die Nachnamen bestimmter Personen eingegeben werden. Wer wissen will, welche Steine in der Nähe des eigenen Standortes verlegt werden, kann auch durch den Ortungsdienst des eigenen Geräts den Standort bestimmen lassen und alle Steine in bestimmter Entfernung anzeigen lassen. Im „Kartenfilter“ kann außerdem nach Kriterien wie Opfergruppe, Deportationsort, Datum der Deportation oder der Steinverlegung sortiert werden.
Auch eigene Notizen oder eine selbst festgelegte Route können eingetragen und ausgedruckt oder mit anderen geteilt werden. Der Zeitpunkt für den Start des Portals sei – wenn auch unbeabsichtigt – doch passend. „In Zeiten von Kontaktsperre und eingeschränktem Bildungsangebot kann man sich mit der Website in der Stadt bewegen“, sagt Sandra Franz. Auch könne so jeder seinen ganz eigenen Stolperstein-Spaziergang planen.
Sibylle Kühne-Franken, Vorstandsmitglied des Fördervereins Villa Merländer, ist vom neuen Angebot begeistert. „Das bringt ungeahnte Möglichkeiten – etwa für die Arbeit mit Schülern“, sagt sie. Denn dort könne auch selbstständig eine Recherche zum Thema angegangen werden. Technische Hürden gebe es kaum, da es sich dabei um eine Anwendung handele, die mit jedem Browser abgerufen werden könne, sagt Udo Hannok vom Vermessungs- und Katasteramt.
Aktuell sind dort die genannten 174 Steine verzeichnet. „Wenn neue Steine verlegt werden, können wir die quasi sofort hinzufügen“, sagt er weiter. Das sei nun eine Sache von Minuten. Das Portal werde in Zukunft also wachsen – genau wie die Zahl der Steine. „Da sind wir noch am Anfang“, sagt Sandra Franz. Denn die 174 Steine seien im Vergleich zu den weit mehr als 1000 Verfolgten nur ein kleiner Anteil.