Freiheit für die Frau, Artenschutz für Vögel
„Es putzt ungemein“ — Accessoires und Damenkleidung aus 200 Jahren.
Linn. „Es putzt ungemein“ sagt Benedikt Grünlich in dem Roman „Die Buddenbrooks“ über ein paar Mohnblüten. Die Schwiegerfamilie macht den Ausdruck zum geflügelten Wort. Und Isa Fleischmann-Heck, die kommissarische Leiterin des Deutschen Textilmuseums wählte ihn als Titel der neuen Ausstellung.
Denn alles, was Damen und auch Herren schmückt, was ihre Bekleidung ergänzt, wird nun unter dem Titel „Es putzt ungemein — Accessoires und Damenkleidung der letzten 200 Jahre“ im Deutschen Textilmuseum in Linn präsentiert.
Die Ausstellung beginnt mit dem Biedermeier, der Zeit nach dem Wiener Kongress (1815). Nach der Französischen Revolution waren Kleidervorschriften verschwunden, und auch das aufkommende Bürgertum konnte sich nun so putzen, wie es ihm gefiel.
Im Biedermeier etwa trug man leichte, lockere Musselinkleider, die den Körper an keiner Stelle einschnürten. Die waren so dünn, dass die Damen sich auch schwere Erkältungen zuzogen, Musselinkrankheit genannt. Textiles Gegenmittel: Die Cashmere-Schals, die man aus Indien importierte. Später bedruckte man das Gewebe mit der neu erfundenen Anilinfarbe und konnte so die weichen Schals viel günstiger herstellen.
Darin ist auch eine gesellschaftliche Veränderung zu erkennen: Mit dem Aufkommen neuer Techniken (Jacquard-Webstuhl, Nähmaschine, Anilin-Farben) öffnete sich der Markt der Mode für breitere Bevölkerungsteile.
Der Empire-Stil kehrte etwa 100 Jahre später noch mal wieder und bedeutete Freiheit für die Frau: „Jetzt konnten sie endliche die Korsetts wieder ablegen“, sagt Isa Fleischmann-Heck.
Auch vor 100 Jahren gab es Artenschutz: Exotische Federn sollten nicht mehr für die Hüte verwendet werden. Auf einem Wagenrad genannten, sehr großen schwarzen Hut findet sich die lokale Lösung: Ein Krähenbalg ist auf der Krempe befestigt.
Die chronologisch gegliederte Ausstellung zeigt im Obergeschoss Accessoires und Mode aus dem 20. Jahrhundert: Ein zweiteiliges Kleid aus Samt in Pink-Tönen korrespondiert mit Tasche und Tuch, ein braun gepunktetes Hängerkleid mit einem Hut von Lanvin — beides Beispiele aus den 60er Jahren. Charleston-Kleider stammen aus den 20ern, die 40er hingegen wirken eher trist.
Die Ausstellung reicht bis 1990. Aus den beiden letzten Dekaden dieses Zeitabschnitts prunkt das Museum mit beeindrucken Haute-Couture Abendroben, etwa von den Spinnrad-Preisträgern Christian Lacroix oder Ted Lapidus.