Gastspiel des Landestheaters Neuss: Lolita räkelt sich in Hotpants
Das Landestheater Neuss zeigt das Pubertätsstück „So jung, so blond“ im Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium.
<strong>Krefeld. "Ich wiege 44 Kilo, ich bin ein fettes Schwein", sagt die 14-jährige Anneke (Carmen Betker), ihre Verwirrtheit offenbart sich in Gerda Dendoovens Jugendtheaterstück "So jung, so blond, so durch den Wind" ziemlich schnell. Und diese Verwirrtheit hat auch einen Namen, man nennt sie landläufig Pubertät. Das Landestheater Neuss gastierte jetzt im Rahmen seiner Kooperation mit den Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld Mönchengladbach mit dem Stück in der Aula des Maria-Sibylla-Merian-Gymnasiums. Anneke hilft ihrer Mutter (Illi Oehlmann) bei der Arbeit in einem China-Imbiss, Herr Jacques (Kaspar Küppers) ist nicht nur Stammgast, sondern geht auch schon einmal helfend zur Hand und wird von Mutter wie Tochter umschwärmt. Man würde sich wünschen, dass der Mann, der um die 40 Jahre alt sein soll, sich gegenüber den Avancen der minderjährigen Anneke eindeutiger verhält, aber das ist nicht das einzige Manko einer immerhin forschen Inszenierung.
Natürlich ist dieses Pubertätsküken Anneke ein seine Umgebung terrorisierendes Monster. Die Gefühle des Mädchens fahren Achterbahn, von Selbsthass bis -verliebtheit, von Loslösungsdrang bis Schutzbedürfnis hat die Göre die ganze Palette zu bieten. Dass die eigene Körperlichkeit aufgrund der pubertären Veränderungen im Zentrum der Befindlichkeit steht, ist einleuchtend, doch überdehnt die Inszenierung (Greet Vissers) das ein bisschen sehr.
Als Kostüm (Mieja Hollevoet) hat man der natürlich älteren Schauspielerin einen Lolita-Dress mit Hotpants und tiefdekolletiertem Topp verpasst. Selbst beim Gemüseputzen räkelt sich die junge Dame so, dass ihre körperlichen Vorzüge, an die sie selbst angeblich so wenig glaubt, gut zur Geltung kommen.
Das Verhalten der Mutter ist entweder bodenlos tolerant oder genauso bodenlos ignorant, die naheliegenden Konflikte mit der Tochter werden trotz deren hysterischer Anfälle nicht thematisiert, was doch vermisst werden kann. Lebensnähe hat diese Inszenierung damit nur scheinbar zu bieten, anstatt dessen dominiert der grellbunt oberflächliche Seelenstriptease der reichlich blonden Anneke, der für ein paar Lacher taugt, mehr nicht.