Haus Esters: Eine Forke ist eine Forke ist keine Forke

Michael Craig-Martin malt Alltagsgegenstände — und bringt unser Gehirn zum Rotieren.

Krefeld. Koffer, Korkenzieher, Stuhl, Suppendose. Wer Haus Esters betritt, erlebt unwillkürlich, wie schnell das menschliche Gehirn arbeitet. Bilder alltäglicher Gegenstände, eher Piktogramme als Stillleben, empfangen den Besucher in der Ausstellung des irischen Künstlers Michael Craig-Martin, die am 28. April eröffnet wird.

„Less is still more“ wird sie heißen, ein genialer Titel, der sich auf Ludwig Mies van der Rohe bezieht und zugleich beschreibt, was beim Betrachten der Bilder geschieht. Denn schon in jenen Sekundenbruchteilen, in denen das Gehirn die scheinbar simplen Abbildungen erfasst und einem Begriff zuordnet, gerät der Denkprozess ins Stocken.

Zunächst sind es die Proportionen, die durcheinander geraten. Der Korkenzieher ist riesig, das Sofa wäre zum Sitzen fast zu klein. Auch sonst scheinen die Gegenstände nicht recht zusammenzupassen. Es ist, als hätten Zeitreisende sie zufällig in der Villa zurückgelassen: die Warhol’sche Suppendose, der Stuhl im Mies-Stil, aber auch ein Laptop und ein iPhone.

Seit 1977 erstellt Craig-Martin dieses visuelle Kompendium unseres Alltags, oft in Form riesiger, meist vergänglicher Wandmalereien. So sollte es auch in Haus Esters sein, doch der Respekt vor Mies war zu groß. Also malte Craig-Martin in seinem Londoner Atelier etwa 30 Bilder in Acryl auf Aluminium. 16 wählte er mit Museumschef Martin Hentschel für die Ausstellung aus. „Sie werden nie besser aussehen als in diesem Haus“, sagt der Künstler. „So werde ich mich an sie erinnern.“

Tatsächlich strahlen die Bilder in den hellen Räumen auf fast unwirkliche Weise. Das Schwarz, das den Hintergrund bildet, entstammt einer lichtlosen Nacht, die Gegenstände treten in kräftigen Rot-, Grün und Blautönen hervor. Grandios ist vor allem die Kombination der Farben, die Craig-Martin in Yale vom Maler Josef Albers gelernt hat.

Auch draußen im Garten setzt der Künstler zwei Akzente, die den Betrachter noch intensiver über Perspektive und Proportion, Form und Farbe nachdenken lassen. Hinter Haus Esters steht eine rosafarbene Forke, im Park hinter Haus Lange ein drei Meter hohes Gartentor. Die Skulpturen entwickeln das gleiche magische Eigenleben wie die Bilder: Je näher man sie betrachtet, umso weniger sind sie das, was sie zu sein scheinen.