Serdar Somuncu im Seidenweberhaus: Er beleidigt, pöbelt und polemisiert

Serdar Somuncu überzeugt im vollen Seidenweberhaus.

Krefeld. Nach zweistündiger Nonstop-Rede nimmt der selbst ernannte „Prophet und Gott in Personalunion“ auf der Bühne die lautstarken Ovationen entgegen. Das von der geballten verbalen Ladung begeisterte wie auch sichtlich erschöpfte Publikum feiert den „Hassias“. Denn der Hass ist der Hauptantrieb für eine Solo-Performance, die mit einer Mischung aus derbem Humor, vulgärer Ausdrucksweise und bitterböser Gesellschaftskritik Unterhaltung in seiner radikalsten Form ist.

Serdar Somuncu ist dieser Hassprediger. Der 44-jährige Deutsche mit türkischen Wurzeln beleidigt, pöbelt und polemisiert fernab jeder political correctness. Die zu spät gekommenen Zuschauer im ausverkauften Seidenweberhaus bekommen ihr Fett weg, mit Wasser bespritzt oder als „Schwulis“ begrüßt. „Viele schlechte Dinge“ sagt Somuncu an diesem Abend.

Seine Hasstiraden richten sich gegen Promis wie „Lederfresse“ Dieter Bohlen, die katholische Kirche, Neonazis in Europa und die ständig zu hinterfragenden „Mechanismen der Welt“. Die als „ernsthaften Spaß“ angekündigten, pausenlosen Verbalattacken bewegen sich dabei stets am Rande des Wahnsinns und sind Provokation pur.

Geschickt wandelt er zwischen dem Tabubruch und der Demaskierung gesellschaftlich-politischer Verlogenheit, ereifert sich aber auch mitunter allzu deutlich in sexistischen Darstellungen.

Serdar Somuncus Performance ist von Anfang bis Ende eine zügellose Konfrontation mit Themenbereichen, die die Menschen seiner Ansicht nach „inkonsequent, intolerant und inkontinent“ werden lassen.

Vor allem die Angst etwa vor BSE oder Gurken und die Ablenkung durch Fernsehen und Internet seien in diesem „ganzen Schwach- und Wahnsinn“ zwei wahrnehmbare Indikatoren. „Hassias“ Somuncu fordert das Publikum deshalb zur „immanenten Dekonstruktion“ auf: Als Türke in die CDU eintreten oder ein „besserer“ Nazi sein als die anderen Nazis.

Beim Gang durchs Publikum, das mal lacht, mal betroffen schweigt, lästert der Neu-Kölner über seine frühere Heimat Neuss, die Stadt, in der das ganze Jahr über Schützenfest gefeiert werde. Am Ende wird das Energiebündel betont ruhig und Somuncu verlässt mit einer Piano-Interpretation von „Purple Rain“ die Bühne im Seidenweberhaus. jek