Irrwisch eilt durch den urbanen Dschungel
Rudresh Mahanthappa und seine Band ließen das Publikum völlig geschafft zurück.
Krefeld. Seine Band "Codebook" sorgte 2008 für den Höhepunkt des Jazzfestivals auf Burg Linn, nun hat der Jazzklub den indischstämmigen New Yorker Rudresh Mahanthappa ein weiteres Mal nach Krefeld gelockt. Im Jazzkeller eroberte er mit seinem Quartett das Publikum im Sturm.
In der Kritikerumfrage des Fachblatts Downbeat wurde Mahanthappa gerade in der Kategorie "Rising Stars" zum besten Altsaxophonisten gekürt, darüber hinaus zum besten Jazzmusiker überhaupt. Das sind in der Jazzszene höchste Weihen.
Kaum überschaubare Langformen trotz wiederkehrender Akzente, unübliche Taktarten und deren Mischung, modales Improvisieren - das kennzeichnete schon Mahanthappas Auftritt in Linn. Das aktuelle Quartett ist komplett neu besetzt. E-Gitarrist David Gilmore ist der zweite Solist, Rich Brown am E-Bass und Damion Reid am Schlagzeug bilden eine Rhythmusgruppe, die das Zuhören nicht leichter macht, die Musik aber noch unwiderstehlicher.
Brown ist für die oft ostinaten Bassläufe zuständig, die aufgrund ihrer verqueren Rhythmik keinen Anfang und kein Ende zu haben scheinen. Reid ist trotz seiner jungen Jahre ein Drummer, der über die Technik eines Meisters verfügt. Seine Grooves mäandern pulshaft durch die Musik. Klare Taktschwerpunkte sind kaum noch auszumachen.
Drummer wie er leisten in der Fusionrhythmik heute das, was einst Elvin Jones in den 60er Jahren für die Swingrhythmik erreichte: Das Spiel des Schlagzeugers wird befreit von der Markierung des Rhythmus’ und geht als eigene Stimme in der Musik auf.
Atmosphärisch erinnerte so manches Stück an die frühen Fusionaufnahmen von Miles Davis. Nur, dass Mahanthappa und seine Irrwischkollegen alles mindestens doppelt so schnell spielen, ihre Stimmen unglaublich komplex verflechten und trotz aller Leichtigkeit, mit der sie den von ihnen selbst kreierten urbanen Dschungel durcheilen, mit einer wie entfesselten Expressivität das Publikum bestürmen. Man verlässt den Keller völlig geschafft und dennoch zufrieden.