Literarischer Sommer Jaap Robbens Roman „Birk“: Über die Grenze des Näherkommens

Jaap Robben hat zum Abschluss des Literarischen Sommers seinen Roman „Birk“ in der Mediothek vorgestellt.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Wer schon immer mal wissen wollte, wie ein Autor aus der Fülle seiner Gedanken ein wunderbar lesbares Buch macht, bekam jetzt in der Mediothek Auskunft. Denn der Niederländer Jaap Robben las bei der letzten Krefelder Vorstellung des Literarischen Sommers nicht nur aus seinem Roman „Birk“. Er hatte auch einen sehr großen Bogen Papier mitgebracht: „Von diesen Tapeten habe ich noch zehn“, erklärte er. Darauf notiert er Gefühle, Gestalten oder Gerüche; Dialoge, Szenen, Sentenzen.

Diese Elemente verbindet er mit Pfeilen und Kringeln und garniert das Ganze dann mit gelben Klebezetteln. „So wird es am Ende hoffentlich ein Buch“, sagte der 1984 geborene Niederländer. „Birk“ ist sein erster Roman und Evelyn Buchholtz, Leiterin der Krefelder Mediothek, fasste ihre Faszination so zusammen: „Als ich den Klappentext gelesen hatte, wollte ich das Buch nicht lesen; als ich mit der Lektüre angefangen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören.“

Dann sprach Maren Jungclaus vom Literaturbüro Düsseldorf mit dem Niederländer, und die Besucher der Mediothek erfuhren so allerlei über und von dem 33-Jährigen. Er hat schon zahlreiche Kinderbücher geschrieben, Theaterstücke verfasst und war auch im sozialen Bereich tätig. Das genaue Beobachten von menschlichen Beziehungen kommt ihm in allen diesen Bereichen zugute — und sein ausgesprochen heiterer, kluger Humor. Als Jaap Robben vier oder fünf Jahre alt war, wollte er unbedingt Afrikaner werden: Sein Onkel besuchte die Familie regelmäßig und brachte immer Fotos mit Elefanten und Giraffen von seinem Leben in Afrika mit. Da dachte der kleine Junge, dass des Onkels Beruf das Anschauen von wilden Tieren und schönen Landschaften sei — das wurde fortan sein Ideal. Zum Glück wurde er dann doch Künstler mit Talent zum Schreiben.

Die Idee zum Roman „Birk“ speist sich aus einer Begegnung mit einer vergesslichen alten Dame, die ihn mit ihrem Mann verwechselte und einer Zeitungsmeldung. Darin wurde vom Ertrinkungstod eines Vaters berichtet, der seinen Sohn retten wollte. Beide Ereignisse hat er in diesem Roman verwoben: „Ich wollte untersuchen, wo die Grenze beim Näherkommen ist“, sagte Robben. Den Beginn des Romans las er auf Niederländisch — ein märchenhafter Sprachklang. Allerdings: Beim Lesen auf Deutsch wurde klar, dass er keine Kindergeschichte erzählt. Denn auf der einsamen Insel in der Nordsee leben nur Mutter Dora und Sohn Mikael und der Nachbar Karl. Der Vater ist „unter Wasser geschwommen“, wie der kleine Junge erzählt. Angst breitet sich aus, die Mutter sucht nach dem Mann Birk und schon in dieser kleinen Szene wird die beengte Atmosphäre deutlich. Von diesem Moment an wird die Beziehung von Mutter und Sohn immer enger und bedrückender für den Sohn. „Der Sohn wächst, und die Insel wird immer kleiner“, sagt Robben.

Robben zeigte zum Abschluss noch einige Bilder, die ihn beim Schreiben begleitet haben: Zwei Porträts von Lucien Freud und eins von Eric Fischl haben ihn inspiriert. Bei einem Urlaub sah er in einer Dubliner Galerie noch ein Foto eines einsamen Hauses — genau so hatte er sich die Szene vorgestellt. Das Publikum war sehr angetan von Jaap Robben, der zum ersten mal am Literarischen Sommer teilgenommen hat. In der Krefelder Reihe war dies der Abschluss, an den anderen Orten geht es noch weiter bis Mitte September.