Krefeld Jazz: Auf den Spuren einer Bebop-Legende

Axel Fischbacher und sein Quintett haben eine neue Platte mit Musik von Charlie Parker eingespielt. Die kann sich hören lassen.

Foto: Claudia Fischbacher

Krefeld. Auch im Jazz gibt es eine Handvoll Säulenheilige. Der Altsaxofonist Charlie Parker (1920-1955) ist einer von ihnen. Er war ein Erneuerer, ist einer der Erfinder des Bebop und hat damit die Grundlagen für den Modern Jazz gelegt. Parkers Spitzname war Bird, „Five Birds“ hat der in Krefeld nicht nur durch die Sessionreihe Jazzattack bestens bekannte E-Gitarrist Axel Fischbacher seine Platte genannt, auf der er mit seinem Quintett neun Stücke von Parker ganz neu interpretiert.

Die „fünf Vögel“, das sind neben Fischbacher der Saxofonist Denis Gäbel, Matthias Bergmann am Flügelhorn, Nico Brandenburg am Kontrabass und Tim Dudek am Schlagzeug. Alle Stücke stammen von Parker, alle Arrangements von Fischbacher. 20 Jahre habe er den Gedanken mit sich herumgetragen, so ein Parker-Projekt zu stemmen, sagt Fischbacher. Jetzt hat er sich getraut, und es hat sich gelohnt. Dem gebürtigen Lübecker, der auch eine Zeit lang in Krefeld lebte, jetzt wieder in Hilden wohnt, ist sowieso im Moment einiges zuzutrauen.

Wäre er ein Sportler, würde man über ihn sagen, er spielt jetzt schon seit geraumer Zeit in der Form seines Lebens. Er bedient seine halbakustische E-Gitarre enorm variantenreich, phrasiert konsequent, lässt seine Finger nie einfach nur laufen. Jeder Ton scheint genau richtig an seinem Platz, alles Überflüssige scheint eliminiert. Von einem Mann mit Potenzial hat er sich zu einer festen Größe gewandelt.

Denis Gäbel, der Saxofonist der Band, spielt kein Alt wie Parker, sondern überwiegend Tenorsaxofon. Allein schon in diesem Besetzungsdetail wird deutlich, dass Fischbacher mit seinem Projekt Parker nicht nacheifern will, sondern mit dem vorgegebenen Material seinen eigenen Umgang sucht. Gäbels Spiel entspricht der heutigen Zeit. Mit seinem süffigen bis scharfen Ton erinnert er ein wenig an Michael Brecker.

Zu Gäbels extrovertierteren Art liefert der zweite Bläser der Gruppe ein passendes Gegengewicht. Matthias Bergmann bedient sein Flügelhorn deutlich introvertierter, wenn auch nicht weniger eloquent. Das Flügelhorn, das ja normalerweise die weicher klingende Variante zur Trompete darstellt, klingt bei Bergmann leicht angeraut, kratzig. Das macht es interessant.

Nico Brandenburg ist ein grundsolider Kontrabassist, der auch bei schnellen Tempi die Walking-Bass-Linien klar konturiert. Und Tim Dudek schließlich kann schon wirklich verdammt gut swingen. Er sorgt für gehörigen Drive. Das ist insgesamt eine tolle Besetzung, die sich Fischbacher da zusammengestellt hat, und das Quintett harmoniert bei den live eingespielten Aufnahmen hörbar auf hohem Niveau.

Mit „Au Privave“, „Donna Lee“ und „Ornithology“ finden sich drei der bekanntesten Parker-Stücke auf der CD, aber auch der Rest der neun Nummern ist Parker-Fans natürlich vertraut. Fischbacher hat die Stücke individuell arrangiert, ohne sie zu entstellen oder ihnen unbedingt einen eigenen Stempel aufzudrücken.

Mal ist es ein anderer als der gewohnte Swing-Groove, der das Hörbild verändert. Auch entkleidet Fischbacher ein Stück einmal seines Harmoniegerüsts und lässt modal darüber improvisieren. Rhythmus- und Tempowechsel sowie unerwartete Themenpausen sind weitere Stilmittel. Alles das dient dazu, Parkers Spur nicht einfach nur zurückzuverfolgen, sondern mitklingen zu lassen, was denn seit den guten alten Bebop-Zeiten vor zirka 70 Jahren noch so alles im Jazz passiert ist — und nicht nur das gelingt. Fischbacher und sein Quintett haben eine sehr hörenswerte Platte hinbekommen, die man den Jazzfans bedingungslos empfehlen kann.