Jennifer Rostock: Die Göre wird zur Furie
Rotzig und provokant fordern Jennifer Rostock: „Weck das Tier in mir!“ Und die Teenies im Publikum gehorchen.
Krefeld. Schrill, laut und provokativ: Für Jennifer Rostock, die Shooting-Stars der deutschen New-Wave-Szene, sind Konzertabende nichts anderes als wilde Punk-Partys. Auch wenn zu Beginn das Intro der 70er-TV-Show "Musik ist Trumpf" erklingt: Leichte Unterhaltung sucht man bei diesem jungen Quintett fast vergeblich.
Als überdrehte Göre fegt Sängerin Jennifer Weist mit langer schwarzer Mähne im kleinen Saal der Kulturfabrik über die Bühne und eröffnet einen musikalischen "Drahtseilakt" zwischen rotzigem Punkrock und launigem NDW-Sound.
Die 22-Jährige aus Usedom kiekst, quietscht und kreischt, als würden Annette Humpe und Nina Hagen zur Furie mutieren. Dennoch übertönen ihre Bandkollegen sie fast vollständig mit peitschenden Beats und Stakkatoriffs.
Das Publikum hüpft und tanzt ausgelassen. Schließlich ist mit "Himalaya", einem Stück aus der CD "Ins offene Messer", längst nicht der Stimmungsgipfel erreicht. Jennifer Rostock haben auf ihrer sechsmonatigen Deutschland-Tour auch in Krefeld "Blut geleckt" und fordern die Zuschauer heraus.
Spontan verfolgt das Publikum ein "total romantisches" Lied im Sitzen, männliche Fans entblößen zum Pogo-Tanz ihren Oberkörper oder lassen sich auf der Bühne vom Keyboarder das Bier von der Brust ablecken - Spaß an der bewussten Provokation.
Geschmackssache sind mitunter die im Lärm- und Lichtgewitter kaum vernehmbaren, schnell vergessenen Texte. Mit "Ich will dein Ejakulat, ich will ein Kind von dir" oder " Steck deine Hand in meine Tasche und weck das Tier in mir’" schlägt die Band einen scharfen Ton an, der gerade bei den Teenie-Fans eine enorme Sogwirkung entfaltet.
Lauthals singen die ersten Reihen mit, bis nach einer Stunde bei "Kopf oder Zahl" die Entscheidung gefallen ist - die Band hat ausgerockt. Das passt auch zeitlich ziemlich perfekt: Denn gerade hat Frontfrau Jennifer Weist ihr Bier ausgetrunken.