Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“
Applaus, Bravorufe und stehende Ovationen für Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ in Oppum.
Krefeld. Welches Oratorium wäre bei der Feier einer Gemeindegründung besser geeignet als Joseph Haydns „Schöpfung“? Es gibt kaum ein festlicheres Werk, das in drei Teilen die Entstehung der Welt behandelt: von der „Vorstellung des Chaos“ über Gestirne, Pflanzen und Tiere bis hin zum paradiesischen Liebesidyll Adam und Evas.
„Nie war ich so fromm als bei der Komposition der Schöpfung“, schrieb Haydn seinerzeit. „Täglich fiel ich auf die Knie und bat Gott, dass er mich stärke für mein Werk.“ Sein Gebet ist wohl erhört worden: Seit der Uraufführung 1798 gehört „Die Schöpfung“ zu den beliebtesten Werken dieser Gattung. Das gilt umso mehr, wenn es so gekonnt und mit Herzblut dargeboten wird wie am Sonntag zur Gründung der Gemeinde St. Augustinus in der Schutzengelkirche Oppum.
Mit Christoph Scholz am Pult schwelgt das Orchester Capella 94 im ausgewogenen, nuancenreichen Wohlklang. Nur manchmal lässt sich der Dirigent zu barocken Tendenzen im Stil Alter Musik hinreißen, wie in den etwas zu trocken phrasierten Sforzandi in der Sopranarie „Nun beut die Flur“. Souverän und sensibel verknüpfte Scholz Orchester, Chor und Solisten zu einem großen Ganzen.
Die Entstehung der Welt wird aus der Sicht der drei Erzengel Gabriel, Uriel und Raphael erzählt, die mit hochkarätigen Solisten besetzt sind. Allen voran Susanna Martin: Ihr heller, fast knabenhaft reiner Sopran bleibt ausgewogen und mit makelloser Intonation von der Mittellage bis in höchste Sphären. Einen Höhepunkt des Abends bildet ihre Arie im zweiten Teil: Wie zart gesponnener Silberfaden zieht sich ihre Stimme mühelos girrend durch schwierigste Tonfolgen.
Die Stimme Harald Martinis ist angenehm textverständlich und wohltönend. Der Gesangspart des Adam liegt dem jungen Sänger eindeutig mehr als die Raphael-Passagen, die manchmal einen etwas kernigeren Bassbariton erfordert hätten.
Einfach großartig gerät das Adam-und-Eva-Duett mit Susanna Martin, in dem es vor Erotik nur so knistert. Seidenweich schmiegen sich beide Stimmen aneinander.
Wolfram Wittekind erweist sich als souveräner, höhensicherer Tenor. Seine tragfähige, ermüdungsfreie Stimme setzt er farbenreich und stilsicher ein. So vermag er manchen dramatischen Höhepunkt zu gestalten. An einigen Stellen wäre es dem Atemfluss der Gesangslinie allerdings dienlicher gewesen, diese nicht zu häufig zugunsten inhaltlicher Deutung zu unterbrechen.
Ein großes Lob gebührt auch dem Chor, der sich aus dem Kirchenchor der Schutzengelgemeinde, dem Chor Unisono von St. Borromäus sowie singfreudigen Freiwilligen zusammensetzt. Sie singen intonationssicher und textverständlich — sehr erfreulich ist dabei die relativ große Anzahl jüngerer Sänger.
Das Ergebnis: ein frischer und bis in die Höhen klarer Klang. Es überträgt sich die große Freude am gemeinsamen Singen, die alle ausstrahlen.
Zum fulminanten Schluss-chor schmiegt sich schließlich noch der Alt Sibylle Hausmanns harmonisch ins solistische Alleluja-Ensemble. Ein grandioses Konzerterlebnis, das vom Publikum mit minutenlangem Applaus, Bravorufen und stehenden Ovationen bedacht wurde.