Comedy Comedians testen, ob ihr Humor ankommt

Newcomer und auch gestandene Komiker präsentierten in der Kulturfabrik vor Publikum ihre neuen Gags.

Moderator David Grashoff führte durch den Abend.

Foto: Ja/Mark Mocnik

Krefeld. Die Bühneneinrichtung ist pur – ein Stativ, ein Mikro, ein Hocker. Die Spots sind gnadenlos auf jeweils einen der zehn Stand-up-Comedians gerichtet.

Bei „I Love Stand-up – Open Mic“ gilt nur das reine Wort. Keine Verkleidung, keine Puppen, keine Instrumente. Ganze sieben Minuten bleiben jedem der zehn Comedians, um das Publikum in der Kulturfabrik von ihrem Humor zu überzeugen. Oder im besten Fall mitzureißen. Applaus oder peinliche Stille? An der Intensität des Applauses ist oft ablesbar, ob sich ein neuer Star am Comedy-Himmel abzeichnet, ein Talent mit Potenzial oder nur ein Sternchen oder eine Eintagsfliege.

Die Kandidaten sind ausdrücklich zum Üben gekommen

Für Newcomer ist dies ein wichtiger Hinweis, ob man den harten Brettern der Bühne schon oder überhaupt gewachsen ist. Für den schon erfahrenen Komiker ist es ein Härtetest, welche seiner neuen Gags ankommen, an welchen er noch feilen muss oder welche er besser nicht in sein neues Programm aufnimmt.

Auf jeden Fall gehört Mut dazu, sich öffentlich zu präsentieren. Wenn Moderator, Stand-up-Comedian und Poetry Slammer David Grashoff den Namen aufruft, wird es für die Kandidaten „ernst“, obwohl es ja eigentlich humorvoll und fröhlich werden soll. Adrenalin und Lampenfieber setzen ein.

Viel zu verlieren haben die Kandidaten allerdings nicht, denn sie sind ausdrücklich zum Üben gekommen, weshalb Grashoff um Nachsicht und nicht allzu strenge Beurteilung bei den Besuchern wirbt und vorbeugend mit diesen einen angemessenen Applaus einübt. Am Publikum liegt es denn auch nicht. Es ist gerne bereit, die Auftritte der Jungkomiker wohlwollend zu begleiten, von denen einige auch Eltern und Freunde mitgebracht haben. Keiner wird mit Pfiffen verabschiedet. Der kleine Saal in der Kufa ist mit 120 Besuchern voll besetzt, die Stimmung erwartungsfroh.

Mit Christin Jugsch, Johannes Steuding und Philipp Siedau sowie den bereits erfahrenen Serkan Ates-Stein und Jamie Wierzbicki kommen allein fünf Teilnehmer aus der Medienhauptstadt Köln. Ahmed Altum (Künstlername Bora) aus Velbert ist kurzfristig eingesprungen. Die ebenfalls nachgerückte Modesta Boss und ihr Kollege Müro Bakar sind in Düsseldorf zu Hause. Newcomerin Saskia Fröhlich-Karczewski aus Essen und Liza Kos aus Hanau komplettieren die Schar der Jungkünstler. Auffällig ist, dass viele aktuelle Themen wie das Corona-Virus aufgreifen. Boss befasst sich sogar ausschließlich damit, auch wenn sie gesund und ihre eigene Krankheit nur die chronische Faulheit sei. Andere setzen auf Erlebnisse mit Familie und Eltern. Beispiel Siedau: „Mein Vater geht zur Arbeit, aber was macht er da?“

Als Scheidungskind russischer Eltern outet sich Kos, die wie auch andere Mitstreiter über Erfahrung mit ihrem Migrationshintergrund berichtet und einen Abstecher zum Thema Sex macht. „Versöhnungssex nach einem Streit finde ich gut, habe aber Angst, mich mit Fremden zu streiten.“

Ates-Stein, zu Deutsch Feuerstein, setzt auf die Karte adoptiert. Bakar sieht für Kinder nicht die größte Gefahr im Smartphone, sondern in den Helikopter-Eltern und bescheinigt seiner Schickimicki-Stadt Düsseldorf, dass dort selbst die Obdachlosen arrogant sind. Einige der Kandidaten arbeiten mit der Masche, ohne Konzept zu erscheinen, oder machen ihre Konzeptlosigkeit selbst zum Konzept – wie etwa Wierzbicki, der routiniert mit seiner Zettelwirtschaft spielt. „Ich hätte mir das vorher mal durchlesen sollen.“

Die zehn Komiker zeigen in ihren Kurzprogrammen einen Querschnitt dessen, was Freunde der inzwischen riesigen Comedy-Szene erwartet. Dass die routinierteren weiter sind, sei normal, sagt Grashoff im Gespräch mit unserer Zeitung. „Richtig gut werden die meisten erst nach etwa fünf Jahren.“ Bis dahin müsse man eifrig üben, weshalb der Stand-up-Comedian auch solche Veranstaltungen wie in der Kufa und auf anderen Bühnen organisiert (s.Kasten).