Sinfoniekonzert Historische Geige zieht Publikum in ihren Bann
Krefeld. · Alena Baeva begeistert mit ihrem Auftritt beim 6. Sinfoniekonzert in Krefeld.
Die ersten Takte, die Alena Baeva auf der Geige spielt, lassen erahnen, dass ihr Auftritt zu einem besonderen Genuss werden wird. Sie spielt eine Guarneri del Gesù, eine Geige aus dem Jahr 1738. Diese vermag es, mit seinem besonderen Klang das Publikum in den Bann zu ziehen. Aber auch zum 6. Sinfoniekonzert der Niederrheinischen Sinfoniker unter ihrem Dirigenten GMD Mihkel Kütson sind die Stuhlreihen im Seidenweberhaus wieder nur zur Hälfte besetzt.
Das Programm beginnt mit Antonín Dvorák (1841-1904) und seinem Violinkonzert a-Moll op. 53. Mit dem ersten Satz, einem Allegro ma non troppo, kann die Solistin (* 1985) das breite Klangspektrum des historischen Instruments – einer Leihgabe eines anonymen Gönners – präsentieren.
Der Solo-Geige wird
Vorrang gelassen
Ihre Interpretationen und ihre technische Brillanz offenbaren ein nicht minder großes Spektrum. Zu der Vielfalt an Klangfarben, die sie der Guarneri zu entlocken versteht, gehören zart tänzerische Partien, dann eine Virtuosität auch mit Doppelgriffen, ein energiegeladenes Spiel, dann wieder gehauchte Klänge voller Innigkeit und ein virtuoses Jubilieren in den höchsten Tönen.
Dem bestens angepasst, begleitet das Orchester die Solistin. Selbst wenn alle Orchestermitglieder im Forte spielen, lassen sie der Sologeige den ihr gebührenden Vorrang. Doch die ungeheure Präsenz des Instruments und die der Solistin lassen daran keinen Zweifel aufkommen.
Das Finale Allegro giocoso, ma non troppo macht das perfekte Agieren miteinander der Musiker noch einmal in schönster Weise erlebbar. Tänzerisch heiter und höchste Virtuosität mit frappierender Leichtigkeit präsentiert beginnt der dritte Satz. Baeva ist mittlerweile so von der Musik durchdrungen, dass sie bei ihrem Spiel fast selbst zu tanzen beginnt. Voller Leidenschaft lebt sie diese Musik – unverändert souverän und meisterlich in der Darbietung. Das Publikum ist begeistert und spendet endlos scheinenden Applaus. Man kann es bedauern, dass sich die Solistin nicht noch eine Zugabe entlocken lässt, andererseits kann man erahnen, dass nach einem solchen Auftritt die Kräfte für ein weiteres Spiel, das höchste Ansprüche befriedigen soll, nicht mehr reichen könnten.
Nach der Pause wird es voller auf der Bühne. Der Titel des nächsten Werkes kündigt dies bereits an; es ist „Die Seejungfrau. Fantasie für großes Orchester“ von Alexander von Zemlinsky (1871-1942). Mit diesem Werk greift der Komponist das Märchen von Hans Christian Andersen auf. Die wichtigsten Szenen der Geschichte setzt er in Klangbildern um. Zu Beginn lässt er das Orchester das Meer musikalisch beschreiben.
Tiefe und lang gehaltene Töne schaffen erst einmal eine geheimnisvolle Stimmung. Darüber entwickeln sich allmählich leichte Wellen. Eine Geige spielt Fragmente einer Melodie, die sich wieder mit dem Wellenspiel abwechselt. Dem Plätschern geben zwei Harfen die richtige Assoziation.
Als Kontrast dürfen die Niederrheinischen Sinfoniker die Naturelemente mit voller Kraft umsetzen. Die See wird schließlich vom Sturm aufgepeitscht, aber natürlich löst sich das musikalische Unwetter wieder in Wohlgefallen auf.
In der friedlichen Stimmung und tänzerischen Klängen erkennt man den Ball im Palast des Meerkönigs. Doch das Märchen wie Zemlinskys Komposition kennen kein gutes Ende. Den sphärischen flirrenden Klängen kann man entnehmen, dass sich die Seejungfrau nach dem Tod des Prinzen in einen Luftgeist verwandelt.
Eine Programmmusik in feinster Präsentation ist den Niederrheinischen Sinfonikern unter ihrem Dirigenten da gelungen.