„Berlin - Die Sinfonie der Großstadt“ Stimmungsvolle Stummfilm-Abende

Im Innenhof der Fabrik Heeder gab es den eindrucksvollen Stummfilm „Berlin – die Sinfonie der Großstadt“ zu sehen – begleitet von Live-Musik.

 Pianist Erik Schmid begleitete den Stummfilm auf dem Klavier.

Pianist Erik Schmid begleitete den Stummfilm auf dem Klavier.

Foto: Andreas Bischof

Als stimmungsvoller Ort für Filmvorführungen hat sich der Innenhof der Fabrik Heeder schon mehrfach bewährt. So auch am Wochenende, als an zwei Abenden die Kombination Stummfilm und Klavier zu erleben war.

Anstelle von Stuhlreihen waren mehrere Tische und Stühle vor dem Eingang der Studiobühne 1 aufgestellt. Auch auf den Treppenstufen konnte man Platz nehmen. Für die Bewirtung sorgte die Gaststätte „Kulisse“, und bereits vor Filmbeginn herrschte beim ersten Abend am Freitag eine entspannte Biergarten-Atmosphäre. Als es um 22 Uhr losging, waren alle Plätze besetzt. Die Leinwand war auf der Seite der Studiobühne 2 angebracht, rechts von den Zuschauern stand ein Klavier.

Restaurierte Version des über 90 Jahre alten Films

 Am Freitag und Samstag wurde der Innenhof der Fabrik Heeder zum Open-Air-Kino.

Am Freitag und Samstag wurde der Innenhof der Fabrik Heeder zum Open-Air-Kino.

Foto: Andreas Bischof

Die Live-Begleitung übernahm Erik Schmid, hauptberuflich Professor für Design-Theorie an der Hochschule Niederrhein. Als Stummfilm-Pianist hat er bereits einige Erfahrung gesammelt. Vor Beginn stellte er den Film kurz vor. „Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“ ist 1927 entstanden und dokumentiert auf faszinierende Weise das quirlige Leben in der Stadt. Dabei gelang es Regisseur Walter Ruttmann, neben dem rein dokumentarischen Charakter auch theatralische Effekte einzubringen. Der siebzigminütige Film, der in der restaurierten Fassung von 2007 gezeigt wurde, ist wie ein mehraktiges Stück aufgebaut. In fünf Akten erlebt der Zuschauer einen Tag lang das Leben in Berlin. Es beginnt mit einer Zugfahrt, die aus der Umgebung in die Hauptstadt führt. Bereits mit diesen ersten Kameraeinstellungen ist das Leitmotiv des Films gegeben: die Bewegung.

Eine immer wieder eingeblendete große Uhr teilt den Tag in seine wesentlichen Abschnitte. Besonders eindrucksvoll sind die Aufnahmen von den morgendlichen Straßen, die nicht nur menschenleer, sondern auch ohne abgestellte Autos zu sehen sind. Ein Papier flattert über den Boden, eine Katze schleicht über die Straße. Dann erwacht die Stadt. Die Menschen eilen zur Arbeit, Kinder gehen in die Schule, die Geschäfte öffnen. Das Leben pulsiert, das manifestiert sich in einer ständigen Bewegung. Diesen fließenden Rhythmus griff auch Erik Schmid in seinem Klavierspiel auf. So konnte man gemeinsam mit dieser stellenweise leicht melancholisch getönten Musik wunderbar in diese „Welt von gestern“ eintauchen. Die Verbindung von Film und Musik gelang perfekt.

Der Film feiert die Errungenschaften des modernen Lebens und der Technik, thematisiert weniger die Schattenseiten der Großstadt. Der Eindruck des pulsierenden Lebens wird vor allem durch die ständigen Fahrten von Autos, Straßenbahnen, Zügen und auch noch Pferdefuhrwerken gezeigt. Erzählerische Momente zeigen die Menschen bei ihrer Mittagspause, der Rhythmus verlangsamt sich bis hin zum kurzen Stillstand, den auch die Musik aufgreift. Mit den nachmittäglichen Freizeitaktivitäten steigert sich die Dynamik wieder. Der letzte Teil ist dem Nachtleben gewidmet. Hier stehen Theater und Varieté im Mittelpunkt, neben dem eleganten Café sieht man auch die einfache Kneipe. Das Leben pulsiert weiter, die vielen künstlichen Lichter verstärken die theatralische Atmosphäre noch und zum Schluss gibt es sogar ein Feuerwerk.

„Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“ ist ein eindrucksvoller Film, der aus heutiger Sicht auch nachdenklich stimmt. Am Ende fragt man sich auch, was aus den vielen Menschen, die da zu sehen sind, wohl geworden ist. Denn nur sechs Jahre später änderte sich mit der Machtergreifung Hitlers das Leben in Deutschland von Grund auf.