Theater am Marienplatz Küchenkonzert mit schaler Rezeptur
Nina Sträter und Karsten Lehl scheitern im Tam mit ihrem „Concerto di cucina“.
Krefeld. Ach, in der Küche kann ja so vieles schiefgehen. Die Zutaten werden falsch abgewogen, die Koch- oder auch Bratzeiten werden nicht eingehalten, die falschen Bestandteile miteinander vermengt und so fort. „Concerto di cucina“ — Küchenkonzert — nennt Nina Sträter ihr Stück, das sie für das Februarprogramm des Fischelner Theaters am Marienplatz (Tam) konzipiert hat. Herausgekommen ist ein fades Süppchen, oder — da das Werk drei Sätze beziehungsweise Gänge hat — ein variantenarmes Menü.
Vor dem Vorhang steht eine Kochplatte auf einem Tisch. Darauf setzt Nina Sträter nacheinander eine Pfanne mit Currypaste, einen Topf mit Mais, dann eine Pfanne mit Speck. Sträter agiert dabei durch eine Art Fenster im Vorhang, hinter dem sie sitzt. Nur ihre Arme sind zu sehen. Die Currypaste riecht kräftig, der Mais verwandelt sich in Popcorn, das gegen die Topfwände prasselt und dank eines aufgelegten Siebs nicht in den Raum schießt, den langsam gebratenen Speck riecht man in der dritten Zuschauerreihe vielleicht schon nicht mehr.
Die Paste wird ein wenig gerührt, der Mais poppt von alleine auf, der Speck wird mit Wenden vor dem Anbrennen geschützt. Etwas für die Nase, minimaler Augenschmaus — das kann doch noch nicht alles sein? Den meisten Aufwand hat Sträter mit Hilfe von Karsten Lehl in die Zubereitung des Soundtracks für ihr Küchenkonzert gesteckt. Es zischt, brutzelt, es wird mit Wasser hantiert, etwas geputzt, zerschnitten, kleingehackt. Es wird etwas gerührt, Metall schlägt dabei vielleicht gegen Glas, es wird eine Flasche entkorkt, ein Glas fällt zu Boden, etwas kocht brodelnd.
Die Geräusche dazu wurden von Sträter und Lehl aufgenommen, sprich: gesampelt, gemischt, manchmal leicht elektronisch verfremdet, in Wiederholungsschleifen (sogenannte Loops) geschickt und so weiter. „Andante ben arrostene“ (gut gebratenes Andante) „Scherzo bollente“ (gekochtes Scherzo) und „Finale schiumante“ (schäumendes Finale) hat Sträter als Satzbezeichnungen gewählt. Bezieht man das nur auf die „Begleitmusik“, so muss man feststellen, dass die Tonspur von Anfang bis Ende diese Dreiteilung nicht hörbar macht. Aber es fehlt nicht nur diese Differenzierung, auch insgesamt verläuft der Soundtrack zu gleichförmig, spätestens ab der Mitte der etwa 30-minütigen Geräuschcollage gibt es kaum noch Neues zu hören. Und dann weisen die Geräusche auch nicht über sich hinaus, sie bleiben weitgehend Geräusche ohne musikalische Qualität.
Noch schlimmer wiegt aber letztlich der Tatbestand, dass die geruchlichen, optischen und akustischen Phänomene nebeneinander her laufen, ohne sich angemessen zu einem Gesamteindruck zusammenzufügen. Aus der rein additiven Summierung ergibt sich keine neue Qualität. Sträter wie Lehl gehören inzwischen schon geraume Zeit zum Tam-Ensemble. Eigentlich wissen sie, wie es gehen könnte. Im Fall ihres „Concerto di cucina“ sollten sie die Rezeptur noch einmal überprüfen. Die Idee allein scheint nicht schlecht, der erste Versuch der Umsetzung muss als gescheitert angesehen werden.