Kunst der 80er: Neue Ausstellung in Haus Lange
„Als wäre nichts gesagt“: Eine neue Ausstellung beleuchtet die Kunstszene der 80er Jahre und deren Krefelder Initialzündungen.
Krefeld. Noch in der Nacht vor der Eröffnung hatte Nicola de Maria im Haus Lange vor einer Wand gestanden und gemalt. Wer dann an jenem Sonntag im Februar 1983 das Haus betrat, versank mit einem Mal in mediterrane Träume. Überall lichtblauer Himmel, rosafarbener Horizont. Die Räume klangen, ein milder, aber suggestiver Farbenrausch, und man vermeinte, dahinter von weitem Zikadenklang zu hören.
Eine weitere Erinnerung: Im Juni 1984 hockten Ludger Gerdes, Harald Klingelhöller, Wolfgang Luy, Reinhard Mucha und Thomas Schütte wie eine Bande verschworener Missetäter im Museum Haus Esters. Julian Heynen hatte sie aus Düsseldorf hierher gelockt und trat als Mentor auf. "c/o Haus Esters" hieß diese erste Museumsschau des Quintetts. Mancher Museumsbesucher war verwirrt von den Dingen, die dort zu sehen waren: Modelle für eine Stadt und für mehr, für ein neues Leben und den Umbau der Welt überhaupt. "Modellbauer" wurden sie damals, ein wenig verächtlich, genannt. Heute sind sie größte Stars des internationalen Kunstgeschehens.
Im Haus Lange wird an diesem Sonntag eine Ausstellung eröffnet, die blitzlichtartig das Geschehen dieser 80er Jahre in den Häusern des Mies van der Rohe beleuchtet, eben solche Erinnerungen freisetzt und wieder mal ins helle Licht rückt, dass in diesen Kunst-Laboratorien die Signale für eine neue Zeit gegeben wurden - mit Nachwirkungen auf die ganze europäische Szene.
Sylvia Martin hat diese Schau "Als wäre nichts gesagt" genannt, nach einer Arbeit von Klingelhöller. Und sie nimmt den "postmodernen Pluralismus" ins Visier, wie diese Szene heute oft in der Rückschau genannt wird.
Dieser Begriff fasst wirklich nur wenig von dem, was damals, allein in diesen Häusern, Monat für Monat, Jahr für Jahr, an Neuentdeckungen stattfand. In der Rückschau kommt es einem fast so vor, als ob die bedrückende, an eine "bleierne Zeit" erinnernde "Stammheim"-Bilderserie von Gerhard Richter im Haus Esters, die der Künstler im Einvernehmen mit Gerhard Storck im Frühjahr 1989 für die Öffentlichkeit ausprobierte, alle dem ein gewisses Ende gesetzt hat.
In dieser Schau erblickt man Schüttes großes "Hauptstadt"-Bild, Muchas abweisendes "Glesch" und Schüttes "Mann im Matsch", Gurskis "Krefeld"-Hühnerhof, Slominskis "Borkenkäferfalle", De Cordiers Kugelmenschen und Nicola de Marias "Sei bella". Oben steht Katharina Fritschs "Warengestell", diese Über-Ikone der Zeit, dann ihr rotes "Bücherregal". In jener Zeit, die mit Aids, saurem Regen und Ozonloch erschöpft um Atem rang, eroberten auch die Fotografen die Museen. Die Bechers machten den Anfang. Immer gab es Umbrüche, sogar in den 80er Jahren.
Eröffnung: Sonntag ab 11 Uhr ohne Ansprache
Dauer: bis Januar 2008
Katalog: Dokumentation geplant