Lesung: Der Opa hatte eine Macke

Bastienne Voss las zum Auftakt des „Literarischen Sommers“ in Heeder.

Krefeld. "Es darf gelacht werden", versicherte Bastienne Voss am Anfang, und so taten es die Zuhörer auch beim Auftakt des "Literarischen Sommers" in der Fabrik Heeder. Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Saal.

Die Autorin las aus ihrem Buch "Drei Irre unterm Flachdach. Eine Familiengeschichte" - und eine Erinnerung an eine Kindheit in der DDR. Auch Aufzeichnungen ihres Großvaters, die sie erst nach seinem Tod fand, spielen eine wichtige Rolle. Die Großeltern waren die wichtigsten Menschen in ihrem Kinderleben, sie wuchs bei ihnen auf, da die Eltern in Moskau studierten. Eine Kindheit und Jugend, die auch geprägt wurde von diesem alten Mann, der als Kommunist lange im KZ saß, aber nie davon sprach. Und so kommen diese Erinnerungen sehr schnoddrig, sehr lakonisch, oft komisch und sehr drastisch daher.

Bastienne Voss stieg mit dem Prolog ein: "In unserer Familie hatten also mindestens drei Leute eine nicht zu übersehende Macke: Großvater, Großmutter und ich." Aber genau deswegen kommen sie so gut miteinander aus, von der einen oder anderen Streitigkeit abgesehen. Besonders feierlich sind die jährlichen Ausflüge mit dem Opa ins KZ Sachsenhausen, wo die kleine Bastienne eine Blume am Mahnmal niederlegen durfte. Die Dimension erschließt sich ihr natürlich noch nicht: "Ich liebte die Besuche im KZ und freute mich jedesmal auf meinen großen Auftritt."

Dann schildert sie das Haus, in dem das Trio lebt. Eine Marke Eigenbau, die von den Baustoffen her den ökonomischen Zwängen der DDR gehorcht: "Hartplaste mit geriffelter Oberfläche". Leider regnet es beim Flachdachbau auch mal durch. Aber gejammert wird nicht: "Auf diesem Dach kann ein Elefant scheißen, und es hält!", behauptet der Großvater. Familientreffen mit der Verwandtschaft aus Ost und West zeigen nicht nur Konflikte zwischen DDR und Bundesrepublik, sondern auch mit dem Onkel, der in der Sowjetunion arbeitet, ist Großvater sich nicht grün.

So schildert die Autorin in 42 Kapiteln auf 238 Seiten lauter Erinnerungsstücke, die sich wie ein Puzzle zum Lebensbild einer Familie in Deutschland-Ost zusammensetzen und fast ein Jahrhundert umspannen. Der geliebte Großvater konnte seinen Lebenstraum nicht verwirklichen: "Seinen Kommunismus sah er in der DDR nicht verwirklicht", urteilt die Enkelin im Rückblick.

Bastienne Voss, "Drei Irre unterm Flachdach", Hoffmann und Campe, 16,95 Euro.