Literarischer Sommer: Das Echo der Vergangenheit
In einem einsamen Gehöft in Mecklenburg-Vorpommern spürt Pauline de Bok der Geschichte auf ihre Weise nach.
Krefeld. Zunächst erschien das Buch nur auf Niederländisch. Cees Nooteboom, auch in Deutschland ein bekannter Autor, hat sich dann dafür stark gemacht, dass es ins Deutsche übersetzt wird. "Blankow oder Das Verlangen nach Heimat" nennt Pauline de Bok ihren nicht-fiktionalen Roman, den sie beim Literarischen Sommer im Südbahnhof vorstellte.
Den Ort Blankow findet man nicht auf der Landkarte, die Autorin hat Orts- und Personennamen abgeändert. Dennoch gibt es dieses Blankow, ein überwiegend zerfallenes Gehöft im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern. Berliner Freunde de Boks haben sich den ehemaligen Kuhstall für die Sommerfrische hergerichtet, hier zieht de Bok mit Hund in einem kalten Winter ein.
Sie habe immer einmal versuchen wollen, mit so wenig wie möglich auszukommen, erklärt de Bok ihre Motivation, die gar nicht idyllische Einsamkeit zu suchen. Am Osten und seiner Geschichte war sie schon seit dem Studium interessiert.
Auf mehreren Ebenen begegnet die Autorin dem für sie fremden Land. Zunächst einmal muss sie ihren Alltag dort bewältigen, "das verlassene Anwesen in Besitz nehmen". Dann spürt sie im Gebäude den "Echos der Vergangenheit" nach. Dabei hilft ihr ein bemerkenswertes Einfühlungsvermögen und ein scharfer Blick.
Gespräche mit Zeitzeugen, die noch die Zeit des Nationalsozialismus’, im Anschluss die DDR erlebt haben, ergänzen ihre Beobachtungen. Auf einer weiteren Ebene reflektiert sie das Gefundene, wobei sie die eigene Befindlichkeit nicht ausklammert.
Menschen, Dingen und der Landschaft hat de Bok Geschichten abgelauscht, die mosaikartig über die große Geschichte anders Auskunft geben, als es Wissenschaft vermag. Aus Stimmen entsteht ein Stimmungsbild, in dem die Vergangenheit bis in die Gegenwart nachklingt. "Die Wirklichkeit in ihrer Vielfalt ist unendlich, also ist auch die Geschichte unendlich", sagt de Bok.
Viel Applaus im Südbahnhof, in dem die Autorin trotz Verstärkung leider nicht bis in die hinteren Reihen gut zu hören war.