Museumschef: „Ist der Krefelder tolerant? Jein“
Eine Ausstellung in der Burg Linn zeigt, dass Pegida-Argumente schon vor 400 Jahren von den Katholiken vorgebracht wurden.
Krefeld. Es gibt kaum ein Thema, das aktueller wäre als die Diskussion um Religion und Toleranz. Dass am Sonntag, 25. Januar, die Ausstellung „Krefeld und die Religionsfreiheit. 400 Jahre Toleranz in einer niederrheinischen Stadt“ eröffnet wird, ist allerdings Zufall. Die Ausstellung gehört zu einer Reihe, die das Museumsnetzwerk Niederrhein initiiert hat. „Als wir von der Reihe hörten, habe ich gedacht: Krefeld und die Toleranz, das müssen wir machen“, sagt Christoph Dautermann, der stellvertretende Museumsleiter des Museums Burg Linn. „Es geht aber weniger um Religionen, als um Glaubensrichtungen.“
Christoph Dautermann, stellvertretender Leiter des Museums Burg Linn
Die ausgestellten Exponate geben einen Überblick über die unterschiedlichen Religionen in der Stadt, aber auch über die Stadtgeschichte. „Die Alte Kirche ist eigentlich katholisch gewesen. 1607 vertrieben die Reformierten dann die Katholiken, sie mussten auf eine Klosterkirche ausweichen, um ihre Messen abzuhalten, bis sie schließlich die Dionysiuskirche bauen durften“, sagt Dautermann. 200 Jahre lang haben sich die Reformierten in Krefeld darüber beschwert, dass die Katholiken beim Gebet die Türen geöffnet hatten. „Die Pegida-Argumente sind nicht neu. Die Katholiken haben auch behauptet: ,Die Mennoniten und die Reformierten nehmen uns die Arbeitsplätze weg. Die passen nicht hierher“, erklärt Dautermann.
In der Ausstellung soll differenziert wiedergegeben werden, wo es ein Miteinander gab und welche Konflikte es gegeben hat. „Der Mensch wird nicht tolerant geboren — eher im Gegenteil.“ Die Toleranz hielt Einzug in der Stadt, als die Oranier 1600 die Erbfolge antraten. Sie haben die Toleranzpolitik eingeführt. „Die absolutistischen Herrscher haben erkannt, dass Kriege zu Totalschäden führen und Glaubensflüchtlinge aufzunehmen zu mehr Ruhe.“
Deshalb siedelten sich Mennoniten in Krefeld an, die später vor allem für den wirtschaftlichen Aufschwung der Seidenstadt sorgten. Mennoniten wie Phillip de Greiff haben unter anderem die jüdische Gemeinde Krefelds unterstützt. De Greiff finanzierte die Linner Synagoge, die in der Reichsprogromnacht zerstört wurde. „Wir zeigen auch eine Urkunde, in der sich die jüdische Gemeinde bei dem Mennoniten Hermann von Beckerath bedankt, dafür, dass er sich für die vollen Bürgerrechte von Juden eingesetzt hat“, sagt Dautermann.
Der Islam ist erst seit den 1960er Jahren ein Teil der Stadtgeschichte. Dennoch ist die Religion und Diskussionen um Kopftuchverbot sowie die Ähnlichkeit von christlichen und islamischen Gebetsketten Thema in der Ausstellung. Es gibt acht Moscheen in der Stadt, aber es gibt keine Statistik darüber, wie viele Krefelder an den Islam glauben. Wenn der Glaube aufgeführt wird, müssen sie „Sonstiges“ ankreuzen. „Ist der Krefelder tolerant? Jein. Das lässt sich pauschal nicht sagen. Da kommt es auf das individuelle Miteinander an“, sagt Dautermann.