Musical Premiere: Wer hat Edwin Drood getötet?

Samstagabend feiert ein neues Musical Premiere. Das Publikum entscheidet, ob es zum Kult wird — und wer der Mörder ist.

Musical Premiere: Wer hat Edwin Drood getötet?
Foto: Matthias Stutte

Krefeld. In England ist sie Kult, in Deutschland weitgehend unbekannt: die Geschichte von Edwin Drood. Das Theater führt sie Samstagabend als Musical auf. Charles Dickens hat den Roman geschrieben, ihn aber nie vollendet. Darin geht es um das Verschwinden von Edwin Drood. Nach einem Weihnachtsessen will er dem Gewitter vom Fluss aus zuschauen und wird nie mehr wieder gesehen.

Es wird allerdings sein blutverschmierter und zerrissener Mantel entdeckt. Das Problem: Es gibt acht Verdächtige, die alle ein Motiv haben, Drood zu ermorden. „Es ist fantastisch verzahnt geschrieben, so dass jeder in Frage kommt. Jede Variante ist in sich schlüssig“, erklärt Regisseur Karl Absenger. Aber Dickens hat kein Ende geschrieben und keinen Mörder verraten.

Eine Lösung für die Bühne musste her. Die hat Engländer Rupert Holmes gefunden: Es wird abgestimmt — und zwar vom Publikum. Die Sänger auf der Bühne haben alle einen Schlusssong parat, indem sie den Mord gestehen und erklären, wie sie ihn verübt haben und warum. Jedoch nur einer wird diesen Song Samstagabend singen. „Jeder will gerne der Mörder sein und sein Solo vortragen“, sagt Absenger.

Die Publikumsbeteiligung soll so weit gehen, dass die Sänger versuchen, die Zuschauer in der Pause von ihrer Schuld zu überzeugen. „Ich bin der Meinung, der Zuschauer darf nicht aus dem Stück entlassen werden. Es wird auch keine klare Trennung zwischen Zuschauerraum und Bühne geben“, erklärt Absenger.

Er hat das Stück bereits in Münster inszeniert. Auch das Bühnenbild und die Kostüme stammen von dem Theater Münster, wo das Musical das erste Mal in deutscher Sprache aufgeführt wurde. Es hat 30 Jahre gedauert, bis es in Deutschland aufgeführt wurde. 1986 war die Uraufführung von Ruperts Version am Broadway in New York. „Ich weiß nicht, warum das nie jemand hier hingeholt hat“, sagt Absenger. Immerhin werde es in England und den USA von jeder Schule gespielt, während die Geschichte in Deutschland kaum jemandem etwas sage.

Passend zum Valentinstag kann das Publikum auch ein Liebespaar wählen. 26 mögliche Kombinationen gibt es. Welches Paar ein Duett singen darf, entscheiden die Zuschauer durch lauten Applaus, das gleiche Prozedere wie beim Mördersong. „In Münster haben wir die Länge des Applauses gemessen. Den Fehler machen wir nicht noch mal. Das Klatschen hat einfach kein Ende genommen.“

Auf der Bühne stehen sowohl Sänger und Tänzer des Ensembles als auch Gäste, der Chor und das Orchester. Die Musik lässt sich kaum einordnen, soll eine Mischung aus Rockballade, Sinfoniekonzert und Big Band sein.

Ob das Musical auch in Krefeld Kultstatus erreicht, wird sich zeigen. In Münster hat es das geschafft. „Es gab am Ende sogar eine Galavorstellung, wo jeder seinen Mödersong vortragen konnte. Man hat gemerkt, dass die Leute sich das Stück häufiger angeschaut haben, weil es immer ein anderes Ende hat.“