Neue Blicke auf alte Schätze

Krefeld entdeckt seine Baukultur neu. Aktuell rückt Bernhard Pfaus Textilingenieursschule wieder in den Fokus.

Krefeld. Architektonische Schätze zu heben — das klingt zunächst widersinnig. Schließlich ist Architektur für jeden sichtbar: Man muss sie nicht ausgraben oder hervorzerren. Dennoch geschieht in Krefeld zurzeit genau das: In der Stadt erwacht ein Bewusstsein für bedeutende Gebäude, die lange im Dornröschenschlaf lagen oder — wie das Mies-Modell auf dem Egelsberg — bloße Vision blieben.

Fest steht: Durch die Finanz- und Vorstellungskraft, die Unternehmer der Seidenindustrie aufbrachten, waren bedeutende Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe, August Biebricher oder Bernhard Pfau Krefeld verbunden — und hinterließen hier ihre Spuren. Viele davon sind mit den Jahren verwischt.

Pfau hat das Hochschulgebäude am Frankenring 20 entworfen, ein fesselndes Zeugnis der Nachkriegsmoderne. Wie sich die Wahrnehmung dieses markanten Baus über die Jahrzehnte verändert hat, ist symptomatisch. Entstanden zwischen 1952 und 1958 als Textilingenieursschule, wurde das Gebäude damals von Presse und Fachleuten gefeiert. „Wenn erst alles fertig sein wird, braucht Krefeld das Urteil der Welt hier nicht zu scheuen“, jubelte 1955 die WZ. „Sie wird die Schönheit dieser Krefelder Schule und die Modernität des Ganzen nur bewundern können.“

Doch als der Niedergang der Textilindustrie begann, blieb das Werk unvollendet — und verschwand an einer Verkehrsachse hinter Bäumen. Der Fachbereich Design, der seit 2006 in dem Gebäude sitzt, möchte den vergessenen Schatz nun heben (siehe unten). Die Zeit scheint reif dafür.